Dr. Stephan Pauly, Dr. Stephan Osnabrügge
Rz. 74
Je nach Intensität und Dauer der Verstöße kann eine unerlaubte Privatnutzung ein wichtiger Grund an sich für eine verhaltensbedingte Kündigung sein. Voraussetzung hierfür ist eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung. Eine Arbeitsvertragsverletzung kann nur dann vorliegen, wenn entweder die private Nutzung des mobilen Kommunikationsgerätes schlechthin verboten ist (siehe Rdn 77) oder eine klare betriebliche Regelung oder individualvertragliche Regelungen über das erlaubte Maß einer grundsätzlich zugelassenen Privatnutzung existieren (siehe Rdn 81). Zu unterscheiden ist zudem stets danach, ob eine (unerlaubte) private Nutzung während der Arbeitszeiten stattgefunden hat und hierdurch neben den Kosten der Privatnutzung auch Arbeitszeit verbraucht wurde, oder ob die Privatnutzung in der Freizeit stattfand und sich der Vorwurf deshalb lediglich auf die Überschreitung der Nutzungsgrenzen richtet.
Rz. 75
Ob ohne ein ausdrückliches Verbot oder eine vorausgegangene einschlägige Abmahnung das Führen privater Telefonate während der Arbeitszeit auch "an sich" geeignet ist, einen Kündigungsgrund darzustellen, ist fraglich. Die frühere Instanzrechtsprechung vertrat die Auffassung, dass das Führen privater Telefonate grundsätzlich an sich nicht geeignet ist, einen Kündigungsgrund darzustellen. Denn das Führen von privaten Telefonaten während der Arbeitszeit und auf Kosten des Arbeitgebers sei sozialadäquat (vgl. oben Rdn 68 f.). Ein Arbeitnehmer könne ohne ein ausdrückliches Verbot nicht davon ausgehen, dass der Arbeitgeber ein solches Verhalten auf keinen Fall hinnehmen werde. Erst dann, wenn das Maß der Privatnutzung oder des privaten Verbrauchs von Arbeitszeit ein so erhebliches Maß annehme, dass jeder vernünftige Arbeitnehmer erkennen müsse, dass der Arbeitgeber das Verhalten in keinster Weise zu dulden bereit sein könne, komme eine (außerordentliche) Kündigung ohne vorherige Abmahnung in Betracht. Die Verursachung von Kosten i.H.v. monatlich 382 EUR durch Privattelefonate soll das übliche Maß so deutlich überschreiten, dass eine außerordentliche Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung gerechtfertigt ist, ebenso die Verursachung von mehreren tausend Euro monatlich für die Inanspruchnahme von sog. "Mehrwertdienste" (0900-Nummern, früher 0190-Nummern). Demgemäß hat die Rechtsprechung bislang am Erfordernis einer Abmahnung vor Ausspruch einer Kündigung festgehalten.
Rz. 76
Das BAG hat die Maßstäbe demgegenüber deutlich konturiert und verschärft. Das BAG hat (allerdings zur privaten Internetnutzung) festgestellt, dass grundsätzlich nicht von einer Sozialadäquanz ausgegangen werden könne. Allenfalls eine kurzfristige private Nutzung während der Arbeitszeit könne allgemein gerade noch als hinnehmbar angesehen werden, wenn kein ausdrückliches betriebliches Verbot existiere. Berücksichtigt werden müsse aber neben dem Kostenaspekt für den Arbeitgeber auch, dass während der privaten Nutzung des Internets (bzw. des privaten Telefonierens) der Arbeitnehmer seiner vertraglichen Arbeitspflicht nicht nachkomme. Im Ergebnis wird man die private Nutzung von betrieblichen Telekommunikationseinrichtungen ohne ausdrückliche Zustimmung des Arbeitgebers mit Ausnahme von Bagatellfällen genauso zu behandeln haben, wie die Privatnutzung entgegen einem ausdrücklichen Verbot. (zur Privatnutzung von BlackBerrys ergänzend vgl. unten Rdn 103 ff.).
a) Privatnutzung entgegen einem ausdrücklichen Verbot/ohne ausdrückliche Zustimmung
Rz. 77
Nutzt der Arbeitnehmer ein ausdrücklich nur zu dienstlichen Zwecken überlassenes (Mobil-)Telefon entgegen einem ausdrücklichen Verbot während der Dienstzeit zu privaten Zwecken, so liegen per se zwei Arbeitsvertragsverstöße vor: Der Verstoß gegen das ausdrückliche Verbot und der private Verbrauch der Arbeitszeit. Dies kann – in aller Regel nach erfolgter Abmahnung – eine Kündigung rechtfertigen. Erst im Rahmen der Interessensabwägung ist nach Art und Umfang der Nutzung zu differenzieren und insbesondere danach, ob die Nutzung Kosten verursacht hat. Dabei darf a...