Dr. Stephan Pauly, Dr. Stephan Osnabrügge
Rz. 81
Auch bei grundsätzlicher Einwilligung des Arbeitgebers in die Privatnutzung kann ein Arbeitsvertragsverstoß vorliegen, wenn nämlich der Arbeitnehmer entweder einen ausdrücklich vereinbarten Umfang der Privatnutzung überschreitet (z.B. verboten im außereuropäischen Ausland telefoniert und dadurch Roaminggebühren verursacht), das Maß der (nicht vorab vereinbarten) Nutzung schlechthin nicht mehr hinnehmbar sein kann oder die Privatnutzung in erheblichem Maße während der Dienstzeit erfolgt.
Rz. 82
Als problematisch stellt sich in der Praxis häufig der Fall heraus, in dem die Erlaubnis zum Führen privater Telefonate auf ein "angemessenes Maß" beschränkt wird, jedoch keine klare Regelung zum konkreten Umfang des Erlaubten existiert. Der Maßstab lässt sich nicht in geeigneter Weise der zugrundeliegenden Vereinbarung entnehmen. Insofern kann die vorhandene Rechtsprechung lediglich als Anhaltspunkt dienen. Die Verursachung von monatlich 382 EUR durch Privattelefonate soll das übliche Maß so deutlich überschreiten, dass eine außerordentliche Kündigung sogar ohne vorherige Abmahnung gerechtfertigt ist. 174,72 EUR Telefonkosten verteilt auf 20 Monate sind hingegen selbst ohne ausdrückliche Erlaubnis als vernachlässigbar da sozialadäquat einzustufen. Die Rechtsprechung hat sich zu Festnetzgeräten herausgebildet. Da Mobilfunkanschlüsse weitaus kostenintensiver und die Verbindungen teurer sind, werden im Falle von Telefonaten mit Handys die Grenzen der Rechtsprechung schnell erreicht. Gleichwohl ist kein anderer Maßstab geboten als für Festnetzanschlüsse; denn entscheidend ist das Maß der Zumutbarkeit der Belastung des Arbeitgebers, nicht die konkret verwandte Technologie.
Rz. 83
Keine andere Bewertung erfährt ein Verbot mit dem Erlaubnisvorbehalt für sog. Privatgespräche aus dienstlichem Anlass. Ein hinreichend konkretes Verbot liegt nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer deutlich erkennen kann, welche Gespräche erlaubt sind und welche nicht. Eine Subsumtion unter nicht hinreichend konturierte Begriffe wie "angemessen" oder "dienstlicher Anlass" ist dem Arbeitnehmer nicht zuzumuten.
Rz. 84
Praxishinweis
Von einer beschränkten Einwilligung in privates Telefonieren muss grundsätzlich abgeraten werden, es sei denn, dem Arbeitgeber ist dabei bewusst, dass er sich durch die Erlaubnis der Möglichkeit arbeitsrechtlicher Sanktionen begibt, und er nimmt dies um des psychologischen Bindungseffektes willen in Kauf.
Rz. 85
Bei erheblicher privater Nutzung während der Arbeitszeit ist Anknüpfungspunkt sowohl die Kostenverursachung als auch der vertragswidrige Verbrauch von Arbeitszeit. In der Rechtsprechung wird häufig nicht hinreichend zwischen den Aspekten "Verursachung von Telefonkosten zu Lasten des Arbeitgebers" und "Verbrauch von Arbeitszeit für private Telefonate" unterschieden. Selbst die Erlaubnis zur Privatnutzung umfasst aber nicht ohne weiteres auch die Erlaubnis zur Nutzung während der Arbeitszeit. Existiert gar keine Erlaubnis zur privaten Nutzung eines überlassenen Geräts, so darf der Arbeitnehmer erst recht nicht annehmen, während der Arbeitszeit seinen privaten Belangen nachgehen zu können. Die Argumentation der Rechtsprechung, dass Kommunikationshandlungen häufig termingebunden seien und sogar die Nutzung der Kommunikationseinrichtungen des Arbeitgebers während der Arbeitszeit sozialadäquat sei, überzeugt nicht. Mag man mit dieser Argumentation noch über die nicht ausdrücklich erlaubte Privatnutzung auf Kosten des Arbeitgebers hinwegkommen, so gilt dies nicht für den Verbrauch von Arbeitszeit zu privaten Zwecken. Denn der Arbeitnehmer kann ohne weiteres die Pausen für solche Telefonate nutzen. Legt man die Grundsätze der Rechtsprechung zugrunde, so ist die Dauer der verbrauchten Arbeitszeit entscheidend. Ein die Kündigung begründender Vertragsverstoß sollen beispielsweise Zeiten von 20–30 Minuten je Arbeitstag sein, 100 Stunden innerhalb eines Jahres, was ebenfalls ca. 30 Minuten/Arbeitstag entspricht, aber nicht. Lediglich zehn bis 20 Minuten täglich (2 % der Arbeitszeit) sollen hingegen sozialadäquat und nicht zu beanstanden sein.
Rz. 86
Praxishinweis
In der Regelung zur privaten Nutzung von Kommunikationseinrichtungen sollte deshalb nicht nur die Frage der Zulässigkeit bzw. des Verbots behandelt sein. Ist die private Nutzung erlaubt, sollte der Hinweis darauf nicht fehlen, dass eine private Nutzung gleichwohl nur während der Pausenzeiten bzw. außerhalb der Arbeitszeiten zulässig ist.
Rz. 87
Auch wenn ein Arbeitsvertragsverstoß trotz der grundsätzlich erteilten Einwilligung gegeben ist, wird jedenfalls in aller Regel eine vorherige Abmahnung geboten sein. Dies gilt erst recht dann, wenn Sinn und Ausmaß des Verbots im konkreten Fall unklar sind, weil es an entsprechenden eindeutigen Regelungen fehlt. Selbst wenn dem Arbeitnehmer auch ohne Abmahnung bekannt sein muss, dass der Arbeitgeber solche Arbeitsvertragsverstöße nicht duldet, muss er – von Ausnahmefällen abgesehe...