Clemens Philipp Schindler, Maja Mayrhuber
I. DBA Österreich/Deutschland
Rz. 43
Die Ansässigkeit als ein zentrales Anknüpfungsmoment für die Verteilung der Besteuerungsrechte zwischen den Vertragsstaaten ist im DBA Österreich/Deutschland wie folgt geregelt.
Rz. 44
Gemäß Art. 4 Abs. 1 S. 1 DBA Österreich/Deutschland ist eine natürliche Person grundsätzlich in dem Vertragsstaat ansässig, in dem sie nach dem Recht dieses Staats aufgrund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthalts oder eines ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist. Falls eine natürliche Person in beiden Vertragsstaaten ansässig ist, entscheiden nach Art. 4 Abs. 2 DBA Österreich/Deutschland die Kriterien ständige Wohnstätte, Mittelpunkt der Lebensinteressen, gewöhnlicher Aufenthalt oder die Staatsangehörigkeit in dieser Reihenfolge über die Ansässigkeit.
Rz. 45
Der Mittelpunkt der Lebensinteressen wird aus österr. Sicht als jener Ort angesehen, zu dem der Steuerpflichtige die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat. Es hat eine gesamthafte Betrachtung zu erfolgen, wobei das Überwiegen den Ausschlag gibt. Den wirtschaftlichen Beziehungen (im Wesentlichen der Beruf) kommt im Regelfall eine geringere Bedeutung zu als den persönlichen Beziehungen, welche im Zweifel den Ausschlag geben. Unter persönlichen Beziehungen sind jene zu verstehen, "die einen Menschen aus in seiner Person liegenden Gründen mit jenem Ort verbinden, an dem er seinen Wohnsitz innehat" (hierbei ist vor allem der Ort maßgeblich, an dem der Steuerpflichtige mit seiner Familie lebt). Der Mittelpunkt der Lebensinteressen setzt auch eine gewisse Dauerhaftigkeit voraus. So wird bei Auslandsaufenthalten von weniger als zwei Jahren in der Regel keine Verlagerung des Mittelpunktes der Lebensinteressen anzunehmen sein, bei einem Aufenthalt von über fünf Jahren hingegen schon.
II. DBA Österreich/Deutschland (E) a.F.
Rz. 46
Nachdem der öst. Verfassungsgerichtshof wie dargestellt die Erbschaftsteuer und die Schenkungssteuer für verfassungswidrig erklärt hatte und absehbar war, dass der Gesetzgeber keine betreffenden verfassungsgemäßen Gesetze schafft, sah sich die Bundesrepublik Deutschland gezwungen, das DBA Österreich/Deutschland (E) zum 31.12.2007 zu kündigen. Mittels eines zusätzlichen Abkommens wurde die Anwendung noch auf Erbfälle erweitert, in denen der Erblasser nach dem 31.12.2007 und vor dem 1.8.2008 verstorben ist. Für spätere Erbfälle besteht kein Abkommensschutz mehr. Vor diesem Hintergrund ist zur Vermeidung deutscher Erbschafts- und Schenkungssteuer für Zuzügler wesentlich, keinen Wohnsitz in Deutschland beizubehalten (d.h. die reine Verlegung des Mittelpunktes der Lebensinteressen ist dafür nicht ausreichend). Dies ist etwa auch bei der Errichtung von österr. Privatstiftungen zu beachten.