Clemens Philipp Schindler, Maja Mayrhuber
Rz. 51
Auch beim Wegzug nach Österreich gilt, dass deutsche Wegzügler nach dem Wegzug aus Deutschland im Regelfall noch Einkünfte aus deutschen Quellen generieren. Neben den Einkünften aus Kapitalvermögen (Dividenden), aus der tatsächlichen Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen, aus Vermietung und Verpachtung, aus der Veräußerung unbeweglichen Vermögens sind dies typischerweise Zinseinkünfte, Einkünfte von Künstlern und Sportlern, Aufsichtsrats- und Geschäftsführervergütungen sowie Renteneinkünfte. Die Vorschriften des AStG sowie § 42 AO sollten hier nochmals bedacht und geprüft werden.
I. Einkünfte aus Kapitalvermögen (Dividenden)
Rz. 52
Gemäß Art. 10 Abs. 1 DBA Österreich/Deutschland unterliegen Dividenden grundsätzlich der Besteuerung in dem Staat, in dem der Empfänger ansässig ist. Unter den Begriff der Dividenden fallen u.a. auch die Einkünfte des stillen Gesellschafters aus seiner stillen Beteiligung. Der andere Vertragsstaat kann jedoch gemäß Art. 10 Abs. 2 Buchst. b DBA Österreich/Deutschland eine Abzugssteuer erheben, die 15 % des Bruttobetrags der Dividenden nicht übersteigen darf. Bezieht der Wegzügler auch nach seinem Wegzug weiterhin Dividenden beispielsweise aus einer Beteiligung an einer AG mit Sitz in Deutschland, unterliegen diese Bezüge damit als beschränkt steuerpflichtige Einkünfte nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG der deutschen Quellensteuer in Höhe von 25 %. Die zu viel gezahlte Quellensteuer ist nach den Regelungen des Art. 27 Österreich/Deutschland zu erstatten.
Rz. 53
Unterliegen Einkünfte aus Kapitalvermögen wie Dividenden- und Zinserträge aus ausländischen Wertpapieren dem Sondersteuersatz, dann werden sie ebenfalls von der Kapitalertragsteuer und damit von der Endbesteuerung erfasst, wenn eine inländische auszahlende Stelle vorliegt. Sofern keine inländische auszahlende Stelle vorliegt, müssen die Einkünfte im Rahmen der jährlichen Steuererklärung offengelegt werden. Der Sondersteuersatz kommt dann erst im Rahmen der Veranlagung zur Anwendung, die Steuerbelastung ist jedoch unabhängig von der Erhebungsform dieselbe. Eine in Deutschland abgezogene Quellensteuer ist gemäß Art. 23 Abs. 2 lit. b Österreich/Deutschland in Österreich anzurechnen. Im Ergebnis unterliegen daher die ausländischen Wertpapiere der gleichen Besteuerung wie die inländischen.
II. Gewinne aus der tatsächlichen Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen
Rz. 54
Art. 13 DBA Österreich/Deutschland unterscheidet bei der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften zwischen Gesellschaften, deren Aktivvermögen überwiegend aus unbeweglichem Vermögen besteht, und anderen Gesellschaften. Die Höhe des Aktivvermögens orientiert sich nach Nr. 4 des Protokolls zum DBA Österreich/Deutschland vom 24.8.2000 an der letzten, vor der Veräußerung der Aktien und sonstigen Anteile zu erstellenden Handelsbilanz (somit fallen über Personengesellschaften gehaltene Immobilien nicht unter die "Immoklausel"). Nach Art. 13 Abs. 2 DBA Österreich/Deutschland können Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an "grundbesitzenden" Gesellschaften in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem das unbewegliche Vermögen belegen ist. Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an anderen Gesellschaften sind dagegen nach Art. 13 Abs. 5 DBA Österreich/Deutschland im Ansässigkeitsstaat des Veräußerers zu besteuern.
Rz. 55
Art. 13 Abs. 6 DBA Österreich/Deutschland stellt dahingehend eine lex specialis dar, die den Grundsatz der Besteuerung im Wohnsitzstaat des Veräußerers durchbricht. War eine natürliche Person während mindestens fünf Jahren im Vertragsstaat (A) ansässig und wurde sie anschließend im Vertragsstaat (B) ansässig, kann der Vertragsstaat (A) den bis zum Wegzug in Gesellschaftsanteilen entstandenen Vermögenszuwachs besteuern. Demnach steht Deutschland bei einer tatsächlichen Veräußerung von Anteilen, die nicht unter Art. 13 Abs. 2 oder Abs. 6 DBA Österreich/Deutschland fallen, nach dem Wegzug kein Besteuerungsrecht mehr zu. Vielmehr liegt es nach Art. 13 Abs. 5 DBA Österreich/Deutschland bei Österreich als Wohnsitzstaat des Veräußerers.
Rz. 56
Fällt das Besteuerungsrecht Deutschland zu, unterliegt der Veräußerungsgewinn der Einkommensteuer nach §§ 1 Abs. 4, 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e, 17 EStG. Voraussetzung für die Ausübung des Besteuerungsrechts ist hierbei, dass die betreffende Kapitalgesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in Deutschland hat und der Emigrant zumindest zu 1 % an der Gesellschaft beteiligt ist. Im Fall des Wegzüglers nach Österreich wird das Besteuerungsrecht Deutschlands aktuell, wenn er Anteile an einer Kapitalgesellschaft mit überwiegend in Deutschland belegenem Grundbesitz veräußert, die Sitz oder Geschäftsleitung in Deutschland hat und an der er zumindest 1 % beteiligt ist. Österreich mildert eine etwaige Doppelbesteuerung durch die Anwendung der Anrechnungsmethode. Das bedeutet, dass die Veräußerung der österreichischen Steuer unterzogen wird, jedoch die deutsche Steuer auf die österreichi...