Clemens Philipp Schindler, Maja Mayrhuber
Rz. 67
Das ÖstEStG hält keine allgemeinen unilateralen Regelungen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bereit.
Falls kein DBA angewendet werden kann oder trotz eines anwendbaren DBA eine Doppelbesteuerung eintritt, kann das österreichische BMF innerhalb seines Ermessensrahmens gem. § 48 BAO auf Antrag Ausnahmen von der Besteuerung gewähren. Nach § 48 BAO können zu diesem Zweck bestimmte Gegenstände der Abgabenerhebung ganz oder teilweise aus der Abgabenpflicht ausgeschieden oder ausländische, auf solche Gegenstände entfallende Abgaben ganz oder teilweise auf die österreichischen Abgaben angerechnet werden. Voraussetzung ist jedoch, dass diese Ausnahmen zur Angleichung der in- und ausländischen Besteuerung oder zur Erzielung einer den Grundsätzen der Gegenseitigkeit entsprechenden Behandlung notwendig sind.
Rz. 68
Diese Maßnahmen zur Steuerentlastung kann das österreichische BMF im Einzelfall durch Bescheid regeln. Gibt es eine Vielzahl gleich gelagerter Fälle, ist auch der Erlass einer Verordnung möglich. In diesem Zusammenhang hat das österreichische BMF eine Verordnung erlassen, die eine automatische Entlastung durch Befreiung bzw. Anrechnung schon im Veranlagungsweg vorsieht, womit ein Antrag beim BMF nicht erforderlich ist. Dabei sind positive ausländische Einkünfte unbeschränkt Steuerpflichtiger von der Besteuerung auszunehmen, wenn sie aus einem Nicht-DBA-Staat kommen und im Ausland einer Einkommen-/Körperschaftsteuer von mindestens 15 % unterlagen.
Rz. 69
Ist kein DBA anwendbar und wird die Doppelbesteuerung nicht bereits gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung verhindert (wie etwa bei niedrig besteuerten Auslandseinkünften), kommt es zu einer automatischen Anrechnung der im Ausland bezahlten Steuern.
Im Rahmen der Anrechnung sind dabei eine Höchstbetragsbegrenzung und eine per-country-limitation zu berücksichtigen. Die Höchstbetragsbegrenzung hat zur Folge, dass bei einer niedrigeren ausländischen Steuer die höhere österreichische Steuer zur Anwendung kommt. Bei einer höheren ausländischen Steuer bleibt der Steuerpflichtige dagegen mit dieser höheren Steuer belastet, d.h. die ausländische Steuer kann teilweise nicht auf die österreichische Steuer angerechnet werden. Unter per-country-limitation ist zu verstehen, dass die Höchstbetragsbegrenzung für jeden Staat mit Auslandsvermögen gesondert zu berechnen ist, so dass keine Saldierung eines niedrigeren Steuerniveaus eines ausländischen Staates mit einem höheren Steuerniveau eines anderen ausländischen Staates vorgenommen werden kann.
Rz. 70
Daneben besteht u.a. im Hinblick auf Beteiligungen an Kapitalgesellschaften die Möglichkeit eines sog. Step-ups. Dabei wird im Zeitpunkt des Zuzugs der gemeine Wert (und nicht der Buchwert) als Anschaffungskosten der Beteiligung betrachtet. Im Ergebnis wird mit diesem sog. Step-up verhindert, dass die vor dem Zuzug entstandenen Reserven in Österreich der Besteuerung unterliegen.
Denn nach § 27 ÖstEStG ist grundsätzlich die Differenz zwischen Veräußerungserlös und Anschaffungskosten steuerpflichtig. Im Falle des Eintritts in das Besteuerungsrecht Österreichs gilt jedoch der gemeine Wert im Zeitpunkt des Zuzugs als Anschaffungskosten. Damit wird eine Doppelbesteuerung der vor dem Wegzug entstandenen stillen Reserven vermieden, denn diese im Heimatstaat entstandenen stillen Reserven werden i.d.R. beim Wegzug bereits vom Heimatstaat über das Vehikel einer fingierten Veräußerung besteuert. In Deutschland etwa erfolgt die Besteuerung der in Beteiligungen enthaltenen stillen Reserven nach § 6 AStG.