Clemens Philipp Schindler, Maja Mayrhuber
1. Verfassungswidrigkeit der Erbschaft- und Schenkungssteuer
Rz. 34
Erbschaften und Schenkungen unterlagen in Österreich bis 31.7.2008 dem Erbschaft- und Schenkungssteuergesetz vom 30.6.1955.
Das Erbschaftsteuergesetz wurde jedoch mit einer Entscheidung des öst. Verfassungsgerichtshof im Jahr 2006 als verfassungswidrig erkannt und eine Reparaturfrist bis 31.7.2008 gesetzt, die der österreichische Gesetzgeber jedoch verstreichen ließ. Damit kann wegen der Aufhebung des Grundtatbestands ab 1.8.2008 keine Erbschaftsteuer mehr erhoben werden. Österreich gehört damit zu den neun Mitgliedstaaten der EU, in welchen im Erbfalle keine Erbschaftsteuer erhoben wird. Auch die Schenkungssteuer wurde am 15.6.2007 vom öst. Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig erachtet und wird seit 1.8.2008 nicht mehr erhoben.
Rz. 35
Eine Konsequenz aus der Verfassungswidrigkeit der öst. Erbschaft- und Schenkungssteuer ist die Abnahme der Attraktivität von öst. Privatstiftungen in diesem Kontext. Immerhin wurde die Eingangsbesteuerung für die Errichtung von Privatstiftungen von 5 % ab dem 1.8.2008 grundsätzlich auf 2,5 % abgesenkt wurde. Der Eingangssteuersatz beträgt jedoch 25 %,
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wenn eine Stiftung oder vergleichbare Vermögensmasse mit einer öst. Privatstiftung nicht vergleichbar ist, oder |
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wenn nicht sämtliche Dokumente (insbesondere auch die nicht öffentlichen Stiftungszusatzurkunde) den öst. Finanzbehörden offengelegt werden, oder |
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wenn mit dem Ansässigkeitsstaat der Stiftung keine umfassende Amt- und Vollstreckungshilfe besteht. |
Rz. 36
Daneben ist festzuhalten, dass unentgeltliche Übertragungen von Immobilien in der Regel nicht steuerfrei erfolgen können. Vielmehr fällt hierauf Grunderwerbsteuer an. Bemessungsgrundlage ist grundsätzlich der Grundstückswert, welcher auf Basis gesetzlicher Vorgaben berechnet wird und anders als frühere Bemessungsgrundlagen auf Basis des sog. Einheitswertes dem Verkehrswert angenähert ist. Der Steuersatz ist bei Erwerben durch Eltern, Kinder, Enkelkinder, Stief-, Schwieger- und Adoptivkinder gestaffelt und beträgt zwischen 0, 5 % und 3,5 %, ansonsten grundsätzlich 3,5 %. Unter gewissen Voraussetzungen sind Grundstücksschenkungen zwischen Ehegatten steuerbefreit.
Rz. 37
Hinweis
Insbesondere für ausländische Familienunternehmen, die eine Investition in Österreich in Betrachtung ziehen, könnte das Nichtbestehen der Erbschaft- und Schenkungssteuer ein entscheidendes Kriterium sein. Ferner wird in Österreich auch keine Vermögenssteuer erhoben.
2. Meldepflicht für Schenkungen
Rz. 38
Nach § 121a BAO wurde ab dem 1.8.2008 allerdings eine Meldepflicht für Schenkungen betreffend folgende Wirtschaftsgüter eingeführt:
Bargeld
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Kapitalforderungen |
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Anteile an Kapitalgesellschaften |
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Beteiligungen als stiller Gesellschafter |
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Betriebe oder Teilbetriebe zur Erzielung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, selbstständiger Arbeit oder Gewerbebetrieb |
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Bewegliches körperliches Vermögen, wie etwa Schmuck, und immaterielle Vermögensgegenstände, wie etwa Urheberrechte. |
Rz. 39
Eine Meldepflicht besteht nur, wenn der Erwerber zum Zeitpunkt des Erwerbs oder der Schenker zum Zeitpunkt der Zuwendung einen Wohnsitz (und zwar selbst dann, wenn nach der Zweitwohnsitz-VO eine Ausnahme von der unbeschränkten Steuerpflicht besteht, sodass auch Neben- und Freizeitwohnsitze erfasst sind) oder gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hat. Handelt es sich um eine juristische Person, muss deren Sitz oder Geschäftsleitung im Inland sein. Ist einer dieser Anknüpfungspunkte gegeben, ist ohne Relevanz, wo das Vermögen belegen ist; so fällt etwa auch die Geldschenkung im Ausland unter den Anwendungsbereich.
Rz. 40
Befreit von der Anzeigepflicht sind insbesondere folgende Vorgänge:
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Erwerbe zwischen nahen Angehörigen bis zu einem gemeinen Wert von 50.000 EUR innerhalb eines Jahres, |
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Erwerbe zwischen anderen Personen bis zu einem gemeinen Wert von 15.000 EUR innerhalb von fünf Jahren, |
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Zuwendungen, die schon nach dem ÖstErbStG 1955 befreit waren, wie etwa Zuwendungen zwischen Ehegatten zur Anschaffung einer Wohnstätte, sowie |
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Zuwendungen, die unter das Stiftungseingangssteuergesetz fallen. |
Rz. 41
Die Anzeige hat innerhalb von drei Monaten ab dem Erwerb auf elektronischem Weg zu erfolgen. Anzeigeverpflichtet sind der Erwerber, der Schenker sowie Rechtsanwälte und Notare, die bei dem Erwerb oder bei Errichtung der Vertragsurkunde über den Erwerb mitgewirkt haben oder zur Erstattung der...