Dr. iur. Stephanie Herzog
Rz. 45
Die allgemeinen Haftungsbeschränkungsvorschriften, §§ 1967, 1970 ff. BGB, gelten für Allein- wie für Miterben. Bei Miterben werden sie aber durch die besonderen Vorschriften der §§ 2058 ff. BGB modifiziert bzw. ergänzt, die dem Umstand, dass Miterben gesamthänderisch verbunden sind, Rechnung tragen.
a) Einrede des ungeteilten Nachlasses als weitere vorübergehende Einrede
Rz. 46
Miterben steht neben den §§ 2014, 2015 BGB, § 782 S. 2 ZPO (siehe Rdn 25 ff.) eine weitere zeitlich beschränkte Einrede zu: Sie können bis zur Teilung des Nachlasses die Erfüllung von Nachlassverbindlichkeiten aus ihrem Eigenvermögen verweigern, § 2059 Abs. 1 S. 1 BGB.
Hinweis
Eine Vollstreckung in ihren Miterbenanteil oder eine Vollstreckung in den Nachlass bleibt über § 2059 Abs. 1 S. 1 BGB ("Vermögen, das er außer seinem Anteil am Nachlass hat") aber möglich.
Rz. 47
Dies liegt zum einen darin begründet, dass die Vermögensmassen Nachlass und Eigenvermögen der Miterben bei einer Erbengemeinschaft bis zur Teilung getrennt bleiben und damit die o.g. Ratio für die unbeschränkte Haftung auch mit dem Eigenvermögen entfällt. Ferner können einzelne Miterben alleine weder Nachlassverbindlichkeiten aus dem Nachlass erfüllen (wegen §§ 2038, 2040 BGB) noch Nachlassverwaltung beantragen (§ 2062 BGB).
Hinweis
§ 2059 Abs. 1 S. 1 BGB erhält damit für jeden Miterben, der sie noch nicht verloren hat, die Haftungsbeschränkungsmöglichkeit.
b) Einreden gegen den Auseinandersetzungsanspruch
Rz. 48
Die §§ 2045, 2046 BGB geben jedem Miterben die Möglichkeit, die Auseinandersetzung zu verweigern, bis zur Auffindung der Nachlassgläubiger ein Aufgebotsverfahren durchlaufen ist (förmlich nach §§ 1970 ff. oder privat nach § 2061 BGB; siehe hierzu § 7 Rdn 52 ff., 86 ff.) und die sämtlichen sich hieraus und sonst ergebenden Nachlassverbindlichkeiten erfüllt werden.
Rz. 49
Jeder Miterbe kann ohne Mitwirkung oder Zustimmung der anderen, ein Aufgebotsverfahren beantragen (§ 455 FamFG), ein Inventar nach §§ 1993 ff. BGB errichten, das dann nach § 2063 BGB auch für die übrigen gilt, und ein jeder Miterbe ist gehalten und in der Lage, falls wegen Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit nötig, ein Nachlassinsolvenzverfahren zu beantragen, § 317 InsO, und so einer Haftung aus § 1980 BGB zu entgehen. Ist dies nicht tunlich mangels Masse, so steht jedem Miterben die Dürftigkeitseinrede nach § 1990 BGB zu; diese kann er vor und nach der Teilung erheben. Von Erfolg gekrönt wird das aber letztlich nur dann sein, wenn der Nachlass ordnungsgemäß verwaltet wurde (siehe § 13 Rdn 5).
Rz. 50
Nur Nachlassverwaltung können nur alle Miterben gemeinsam beantragen (§ 2062 Hs. 1 BGB), weil nicht einer gegen den Willen der anderen ohne zwingenden Grund diesen die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis entziehen können soll. Auch kann Nachlassverwaltung nur bis zur Teilung beantragt werden (§ 2060 Hs. 2 BGB). Durch die Nachlassverwaltung würde vor der Teilung über § 2059 BGB hinaus eine Vollstreckung in den Miterbenanteil verhindert.
c) Haftung als Teil-, statt als Gesamtschuldner
Rz. 51
Der Miterbe sollte in jedem Falle darauf bestehen, dass sämtliche Nachlassverbindlichkeiten vor der Teilung beglichen werden. Dann ist sein Eigenvermögen vor dem Zugriff der Nachlassgläubiger wegen § 2059 BGB sicher. Wird geteilt (siehe noch § 14), so haften die Miterben nach § 2058 BGB als Gesamtschuldner und der in Anspruch genommene Miterbe muss sich bei den anderen nach § 426 BGB regressieren.
Rz. 52
Um sicherzustellen, dass ihn keine gesamtschuldnerische Haftung mit seinem Eigenvermögen trifft, muss sich der Miterbe einen Überblick über den Nachlass und die Nachlassverbindlichkeiten verschaffen und nötigenfalls ein Aufgebotsverfahren beantragen. Bis zu dessen Abschluss kann und sollte er nach § 2045 BGB die Auseinandersetzung verweigern. Merkt er, dass der Nachlass überschuldet oder zahlungsunfähig ist, so muss er Nachlassinsolvenzantrag stellen.
Hinweis
Dies gilt auch, falls ihm dies erst nach der Teilung auffällt.
Rz. 53
Nach Durchlaufen des Aufgebotsverfahrens oder Beendigung des Nachlassinsolvenzverfahrens haftet der Miterbe auch nach der Teilung nur noch als Teil- und nicht mehr als Gesamtschuldner, § 2060 Nr. 1 und 3 BGB; das Gleiche gilt für unbekannte Gläubiger, die ihre Forderung erst später als fünf Jahre geltend machen, § 2060 Nr. 2 BGB (siehe näher § 14 Rdn 24).