Dr. iur. Stephanie Herzog
Rz. 8
Die Haftungsbeschränkung auf den Nachlass kann nur gelingen, wenn die Verschmelzung der Vermögensmassen, die zur unbeschränkten Haftung geführt hat (siehe oben § 2 Rdn 9), wieder rückgängig gemacht wird. Hierzu sieht das Gesetz zwei verschiedene Wege vor:
1. Förmliche Verfahren mit faktischer Vermögenstrennung durch externen Verwalter
Rz. 9
Zum einen stellt das Gesetz mit der Nachlassverwaltung (§§ 1975 ff., 1981 ff. BGB) und der Nachlassinsolvenz (§ 1980 BGB, §§ 315 ff. InsO) zwei förmliche Verfahren zur Verfügung, die eine faktische Trennung der Vermögensmassen Nachlass und Eigenvermögen durch einen externen Verwalter herbeiführen (siehe hierzu näher § 8). In beiden Fällen geht die Verfügungsgewalt über die Nachlassgegenstände vom Erben weg auf den Nachlass(insolvenz)verwalter über. Dieser nimmt den Nachlass in Besitz. Beide Verfahren führen zu einer endgültigen gegenständlichen Haftungsbeschränkung gegenüber allen Nachlassgläubigern.
Hinweis
Auch die Anordnung der Testamentsvollstreckung durch den Erblasser führt zu einer Gütersonderung. In diesem Fall können die Gläubiger jedoch sowohl gegen den Testamentsvollstrecker als auch gegen den oder die Erben vorgehen, § 2213 Abs. 1 BGB. Die Anordnung der Testamentsvollstreckung bewirkt also nicht, dass den Nachlassgläubigern nur der Nachlass als Haftungsmasse zur Verfügung steht; sie schützt vielmehr allein umgekehrt die Nachlassgläubiger davor, dass der Nachlass durch Inanspruchnahme von Eigengläubigern des Erben aufgezehrt wird: Den Eigengläubigern des Erben ist der Zugriff auf den Nachlass nach § 2214 BGB verwehrt; ebenso wenig können sie in analoger Anwendung von § 2041 BGB auf die Surrogate zurückgreifen.
Dennoch bewirkt auch die Anordnung der Testamentsvollstreckung eine Erleichterung aus dem Gesichtspunkt der Haftungsbeschränkung des Erben: Die Geltendmachung der Einreden nach §§ 1990 ff. BGB erfolgt bei der Verwaltungsvollstreckung durch Verweisung auf den verwalteten und damit abgesonderten Nachlass.
2. Fiktive bilanzielle Vermögenstrennung bei Dürftigkeit und Überschwerung
Rz. 10
Die Verfahren der Nachlassverwaltung und Nachlassinsolvenz sind kostenträchtig. Ist der Nachlass nicht werthaltig genug oder sieht das Gesetz wie in § 1992 BGB ein solch förmliches Verfahren als nicht notwendig an, weil die Überschuldung des Nachlasses allein auf Vermächtnissen und Auflagen beruht, so gestehen die §§ 1990 ff. BGB es dem Erben zu, selbst gleichsam als eine Art "Nachlassverwalter" tätig zu werden (siehe hierzu näher Rdn 41 ff.). Die Trennung der beiden Vermögensmassen erfolgt in diesem Falle fiktiv und bilanziell (§ 1991 BGB).