Dr. iur. Stephanie Herzog
A. Der Erbe in der Schuldnerposition
Rz. 1
Ohne wirksame Ausschlagungserklärung oder Anfechtung der Annahme, ist das Einrücken in die Schuldnerstellung durch den Erben in Bezug auf die Verbindlichkeiten des Erblassers irreversibel. Das bedeutet:
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Der Erbe wird von den Nachlassgläubigern aufgefordert werden, die Nachlassverbindlichkeiten zu erfüllen. |
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Geschieht dies nicht freiwillig, so ist der Erbe nach Ablauf der Ausschlagungsfrist der richtige Beklagte. Er ist passivlegitimiert für Klagen der Nachlassgläubiger gerichtet auf Erfüllung von Nachlassverbindlichkeiten; denn § 1958 BGB gilt nach Ablauf der Ausschlagungsfrist nicht mehr. |
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Wird ein Nachlassgläubiger auch nach erfolgter Titulierung und Vollstreckung nicht vollständig befriedigt, so ist der Erbe Vollstreckungsschuldner. Er ist es, der die eidesstattliche Versicherung nach § 802c ZPO abzugeben hat. |
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Auch im Nachlassinsolvenzverfahren hat der Erbe als an die Stelle des Erblassers getretenes Rechtssubjekt die Schuldnerstellung inne. Als solcher muss er u.a. gemäß § 153 Abs. 2 InsO die Vollständigkeit einer vom Nachlassinsolvenzverwalter aufgestellten Vermögensübersicht eidesstattlich versichern, soweit er Kenntnis hat bzw. diese erlangen kann. |
Rz. 2
All das kann auch durch korrekte Anwendung der Haftungsbeschränkungsinstrumentarien nicht verhindert werden. Bezüglich der Vollstreckung und auch bezüglich der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach § 802c ZPO kann und muss der Erbe aber durch korrekte Handhabung der Haftungsbeschränkungsmaßnahmen dafür sorgen, dass sich diese nur auf den Nachlass bezieht.
Hinweis
In sämtlichen Verzeichnissen (z.B. im Grundbuch oder unter www.insolvenzbekanntmachungen.de etc.) wird keineswegs der Erbe als Insolvenzschuldner angegeben, sondern der Nachlass des Erblassers. Dass dies korrekt gehandhabt wird, hat der beratende Rechtsanwalt zu kontrollieren.
B. Die richtige Weichenstellung für die Haftungsbeschränkung auf den Nachlass
Rz. 3
Alles, was der Erbe nunmehr noch erreichen kann, ist seine Haftung für die Nachlassverbindlichkeiten auf die Vermögensmasse Nachlass zu beschränken. Hierzu ist Folgendes erforderlich:
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Es muss sich um eine Schuld handeln, bezüglich derer eine Haftungsbeschränkung auf den Nachlass möglich ist (siehe hierzu Rdn 4 ff.). |
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Der Erbe muss aufpassen, dass er die Möglichkeit, die Haftung auf den Nachlass zu beschränken, nicht verliert (siehe hierzu Rdn 5 ff.). |
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Die Vermögen Nachlass und Eigenvermögen müssen wieder voneinander getrennt werden (siehe hierzu Rdn 8 ff.). |
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Der Erbe muss den Nachlass ordnungsgemäß für die Nachlassgläubiger verwalten (siehe hierzu Rdn 11 ff.) und |
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die im Einzelfall geeignete Haftungsbeschränkungsmaßnahme in materieller und prozessualer Hinsicht ordnungsgemäß herbeiführen (siehe hierzu Rdn 21 ff.). |
Hinweis
Der Erbe als Schuldner muss also tätig werden, um seine Haftung mit seinem Eigenvermögen auszuschließen und die Nachlassgläubiger auf den Nachlass zu verweisen. Einen Automatismus dahingehend, dass der Erbe für Verbindlichkeiten des Erblassers stets nur mit dem geerbten Vermögen haftet, sieht das deutsche Recht nicht vor.
I. Nachlassverbindlichkeit
Rz. 4
Eine Haftungsbeschränkung auf den Nachlass ist im Außenverhältnis nur bei reinen Nachlassverbindlichkeiten möglich (siehe hierzu näher § 5).
II. Kein Verlust der Haftungsbeschränkungsmöglichkeit
Rz. 5
Die Gefahr des Verlustes der Haftungsbeschränkungsmöglichkeit wird oft überbewertet. Der Erbe kann die ihm vom Gesetz zugestandene Haftungsbeschränkungsmöglichkeit letztlich nur in zwei Zusammenhängen verlieren:
1. Zum einen kann der Erbe die Haftungsbeschränkungsmöglichkeit im Zusammenhang mit der Inventarisierung nach §§ 1993 ff. BGB verlieren; hier aber auch nur bei ganz bestimmten pflichtwidrigen Verhaltensweisen:
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So darf der Erbe eine ihm vom Nachlassgericht auf Antrag eines Nachlassgläubigers gesetzte Inventarfrist nicht versäumen (§ 1994 Abs. 1 S. 2 BGB). |
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Er darf in das Inventar keine nicht best... |