Rz. 18
Gem. § 49 Abs. 2 HGB erstreckt sich der regelmäßige Umfang der Prokura nicht auf die Veräußerung und Belastung von Grundstücken. Hierbei handelt es sich um eine gesetzliche Beschränkung mit Außenwirkung. Diese gilt sowohl für die Verfügungsgeschäfte als auch für die diese begründenden Verpflichtungsgeschäfte. Unbeachtlich ist, ob die Grundstücke zum Anlagevermögen oder, weil der Kaufmann mit diesen handelt, zum Umlaufvermögen zählen. Der Wortlaut des § 49 Abs. 2 HGB differenziert auch nicht danach, wem das Grundstück gehört, als ob der Kaufmann oder ein Dritter, für den der Kaufmann als Bevollmächtigter oder Träger eines privaten Amts (z.B. Testamentsvollstrecker) handelt, Eigentümer ist. I.Ü. ist eine teleologische Reduktion bei kaufmannsfremden Grundstücken nicht angezeigt, also wenn ein Prokurist des Kaufmanns ein Grundstück eines Dritten veräußern möchte. Denn das Haftungsrisiko für den Kaufmann hat auch bei solchen Veräußerungen besondere, dem Zweck des § 49 Abs. 2 HGB entsprechende Bedeutung, eine planwidrige Regelungslücke liegt nicht vor und der Kaufmann hat jederzeit die Möglichkeit der Erweiterung der Prokura. Schließlich spricht zwar § 49 Abs. 2 HGB nur von "Grundstücken". Auf die Veräußerung und Belastung von Wohnungs- und Teileigentum nach WEG oder von Erbbaurechten als grundstücksgleiche Rechte ist § 49 Abs. 2 HGB aber analog anwendbar.
Rz. 19
Veräußerung ist die Übertragung von Grundstückseigentum (§§ 873, 925 BGB), die Einräumung von Miteigentum (§ 1008 BGB) sowie die Einbringung des Grundstücks in eine Gesellschaft. Belastung ist die Begründung eines dinglichen Rechts am Grundstück, wie z.B. Bestellung eines Grundpfandrechts (Hypothek, Grundschuld, Rentenschuld), einer Reallast, eines Nießbrauchrechts, einer Grunddienstbarkeit, einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit oder eines dinglichen Vorkaufrechts. Ferner gilt das Verbot über den Wortlaut hinaus auch für die Bestellung einer Vormerkung zur Sicherung eines Anspruchs auf Veräußerung oder Belastung des Grundstücks.
Hinweis
Die Bestellung einer Eigentümergrundschuld ist wirtschaftlich keine Belastung des Grundstücks und daher von der allgemeinen Vertretungsmacht des Prokuristen gedeckt. Anders verhält es sich dagegen mit ihrer Übertragung, da sich die Eigentümergrundschuld mit der Abtretung in eine Fremdgrundschuld umwandelt.
Rz. 20
Nicht von der Beschränkung des § 49 Abs. 2 HGB erfasst sind sonstige Grundstücksgeschäfte, wie z.B. Vermietung, Verpachtung, Löschung oder Übertragung von dinglichen Rechten (Ausnahme: Eigentümergrundschuld) sowie Erwerb von Grundstücken. Dies gilt auch, wenn der Prokurist i.R.d. Grundstückserwerbs eine Restkaufgeldhypothek oder (Finanzierungs-) Grundschuld zugunsten des Verkäufers bestellt, da es sich insoweit nur um einen um die Hypothek bzw. Grundschuld eingeschränkten Erwerb handelt. Ebenso wird zu entscheiden sein, wenn ein Grundstück in Wohnungs- und Teileigentum nach §§ 3, 8 WEG aufgeteilt wird.