1. Prokurafähigkeit
Rz. 4
Die Prokura kann nur durch Kaufleute (vgl. hierzu § 1 Rdn 8 ff.) erteilt werden. Hierzu zählt zunächst der Kaufmann kraft Gewerbebetriebs (§ 1 HGB) als Inhaber des Handelsgeschäfts. Auch ein Apotheker kann wirksam eine Prokura erteilen. Die persönliche Leitungspflicht des Apothekeninhabers nach § 7 ApoG steht dem nicht entgegen. Weiter sind der im Handelsregister eingetragene Kleingewerbetreibende (§ 2 HGB), der im Handelsregister eingetragene Land- und Forstwirt, dessen Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (§ 3 Abs. 2 HGB), sowie der Kaufmann kraft Eintragung (§ 5 HGB) prokurafähig. Darüber hinaus können Handelsgesellschaften und sonstige Kaufleute kraft Rechtsform (§ 6 HGB) Prokuristen bestellen. Insbesondere sind das alle Gesellschaften, die im Handelsregister eingetragen worden sind (OHG, KG, GmbH, AG, KGaA, SE, EWIV), sowie eingetragene Genossenschaft gem. § 42 GenG. Gleiches gilt für eine Erbengemeinschaft, die das Handelsgewerbe des Erblassers fortführt, und in Liquidation befindliche Kapitalgesellschaften (AktG, GmbH). Ebenso sind Testamentsvollstrecker (§ 2197 BGB), Nachlassverwalter (§ 1975 BGB) und Nachlasspfleger (§ 1961 BGB), die das Handelsgeschäft fortführen, zur Erteilung der Prokura befugt. Die Kaufmannseigenschaft und damit die Prokurafähigkeit als solches wird ferner nicht durch eine Insolvenz des Unternehmensträgers betroffen. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlischt aber eine bisher erteilte Prokura nach § 117 Abs. 1 InsO (s. Rdn 38). Zur Wiederbestellung einer Prokura ist kraft § 80 InsO der Insolvenzverwalter zuständig.
Rz. 5
Ob Gleiches auch für eine Vorgesellschaft (Vor-AG, Vor-GmbH) gilt, ist ebenso umstritten wie die Frage der Prokurafähigkeit einer in Liquidation befindlichen Personengesellschaft. Während Ersteres zu verneinen sein dürfte, da die Eintragung der Prokura in das Handelsregister bei einer selbst nicht eintragungsfähigen Vorgesellschaft nicht erzwingbar ist, erscheint eine Ungleichbehandlung von in Liquidation befindlichen Personen- und Kapitalgesellschaften nicht sachgerecht.
Hinweis
Ausgeschlossen ist die Prokuraerteilung durch Nichtkaufleute. Eine von diesen gleichwohl erteilte Prokura ist ggf. als Generalvollmacht, Handlungsvollmacht oder rechtsgeschäftliche Vollmacht auszulegen bzw. umzudeuten (§ 140 BGB).
Rz. 6
Neben dem Inhaber des Handelsgeschäfts kann gem. § 48 Abs. 1 Alt. 2 HGB auch dessen gesetzlicher Vertreter die Prokura erteilen. Dies sind bei einem geschäftsunfähigen oder beschränkt geschäftsfähigen Einzelkaufmann dessen Eltern (§§ 1626, 1629, 1626a BGB), der Vormund (§ 1789 Abs. 2 Satz 1 BGB) bzw. der Betreuer (§ 1823 BGB). OHG und KG werden durch ihre persönlich haftenden Gesellschafter, AG, KGaA, SE und eG durch ihren Vorstand sowie die GmbH und EWIV durch ihre Geschäftsführer vertreten. Gesetzliche Vertreter sind aber auch die Liquidatoren der Personenhandels- bzw. Kapitalgesellschaft.
Hinweis
Eltern, Vormund und Betreuer bedürfen zur Erteilung der Prokura der familien- bzw. betreuungsgerichtlichen Genehmigung (§ 1852 Nr. 3 ggf. i.V.m. § 1643 Abs. 1, 1799 Abs. 1 BGB). Ansonsten ist diese schwebend unwirksam (§ 1856 BGB) und löst selbst bei Eintragung in das Handelsregister keinen zurechenbaren Rechtsschein gem. § 15 HGB.
Rz. 7
Der Prokurist selbst ist kein gesetzlicher Vertreter. Er kann dementsprechend auch keine "Unterprokura" erteilen.