a) Allgemeines
Rz. 115
Nach § 2038 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BGB sind die Erben verpflichtet, an Maßregeln der ordnungsgemäßen Verwaltung mitzuwirken. Bei ordnungsgemäßer Verwaltung ist eine Mehrheitsentscheidung der Erben ausreichend, §§ 2038 Abs. 2, 745 Abs. 1 S. 1 BGB. Die Mitwirkungspflicht können nach dem ausdrücklichen Wortlaut aber ausschließlich die Miterben gegeneinander geltend machen. Ein Dritter kann daher weder von einem Miterben die Mitwirkung zu einer Verwaltungshandlung verlangen noch kann er aus dem Unterlassen Schadensersatzansprüche herleiten. Der Dritte kann sich aber von einem Miterben dessen Anspruch abtreten lassen oder im Wege der Prozessstandschaft geltend machen. Liegt bereits ein Mehrheitsbeschluss der Erbengemeinschaft gem. §§ 2038, 745 Abs. 1 BGB vor, so wird regelmäßig eine Mitwirkung der übrigen Erben entbehrlich sein (siehe hierzu nachfolgend Rdn 116). In Fällen, in denen doch ein Handeln aller Erben notwendig ist oder falls eine Minderheit der Erben Verwaltungshandeln durchsetzen möchte (die Minderheit geht dabei davon aus, dass es ordnungsgemäßes Verwaltungshandeln ist), kann die Mitwirkungspflicht nach § 2038 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BGB im Klagewege erzwungen werden. Der Klageantrag ist ausschließlich gegen die Erben zu richten, die eine Mitwirkung entweder in Form ihrer Zustimmung oder einer Handlung verweigern. Zur Mitwirkungspflicht i.S.v. Satz 2 gehört nicht lediglich die Zustimmung zum Handeln der Gemeinschaft. "Mitwirkung zu Maßregeln" ist weiter zu verstehen und umfasst ggf. auch eigenes aktives, auch rechtsgeschäftliches Handeln. Die Anträge sind auf eine Maßnahme zu richten, die dem Interesse aller Miterben nach billigem Ermessen entsprechen muss. Zu Einzelheiten siehe § 9 Rdn 40 ff.
b) Maßnahme war Fall ordnungsgemäßer Verwaltung
aa) Mehrheitsbeschluss liegt vor
Rz. 116
Der Mehrheitsbeschluss wirkt nicht lediglich innerhalb der Erbengemeinschaft sondern gewährt den handelnden Erben Vollmacht, die Erbengemeinschaft als Ganzes auch im Außenverhältnis zu verpflichten (zur Beschlussfassung vgl. oben Rdn 109).
Der II. Senat hat im Jahre 1967 Bedenken gegen diese damals bereits in der Literatur vorherrschende Auffassung angemeldet. Denn die Minderheit wäre (im Nachhinein lediglich) auf Schadensersatzansprüche beschränkt, falls gar kein Mehrheitsbeschluss vorläge. Kann die – vermeintliche – Mehrheit den gefassten Beschluss ausführen würde die – vermeintliche – Minderheit mit einer Klage zu spät kommen und vor vollendeten Tatsachen stehen: "Billigt man dem Mehrheitsbeschluß dagegen nur Wirkung im Verhältnis unter den Teilhabern zu, so kann sich die Mehrheit im allgemeinen damit helfen, die Minderheit auf Mitwirkung an der Ausführung des Beschlusses zu verklagen, und muß damit bei Rechtmäßigkeit des gefaßten Beschlusses Erfolg haben, da alle Teilhaber verpflichtet sind, bei wirksam beschlossenen Verwaltungsmaßnahmen mitzuwirken." In jener Entscheidung konnte der BGH diese Frage teilweise auf sich beruhen lassen und hatte lediglich ausgeführt, dass jedenfalls "ein gemäß § 745 Abs. 1 Satz 1 ergangener Mehrheitsbeschluß in Eil- oder Notfällen von der Mehrheit ausgeführt werden" kann.
Rz. 117
Der III. Senat hat dieses Problem in seiner Entscheidung im Jahr 1971 dann ausdrücklich dahingehend entschieden, "daß die Mehrheit einen – ordnungsgemäß gefaßten – Mehrheitsbeschluß mit Wirkung für und gegen die Erbengemeinschaft zumindest dann auszuführen berechtigt ist, wenn er Verwaltungsmaßnahmen, nicht Verfügungen betrifft". Die Beschränkung auf Verwaltungsmaßnahmen hat angesichts der geänderten Rechtsprechung des BGH heute praktisch keinen Bestand mehr (vgl. hierzu oben Rdn 46, 48 und 78 ff., zur Kritik Rdn 83 ff.).
bb) Kein Mehrheitsbeschluss
Rz. 118
Liegt kein Mehrheitsbeschluss vor, so handeln Miterben – auch im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung – als Vertreter ohne Vertretungsmacht (zur Beschlussfassung vgl. oben Rdn 109). Die Rechtsfolgen ihres Handelns bestimmen sich nach §§ 177 ff. BGB. Ersatz etwaiger Aufwendungen kann der handelnde Erbe dann über eine Genehmigung seiner Maßnahme bzw. unmittelbare Geltendmachung seiner Ersatzansprüche gegenüber der Erbengemeinschaft geltend machen (vgl. hierzu nachfolgend Rdn 122) oder über die Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag. Zur sich daraus ergebend...