a) Objektiv lag ein Fall der Notverwaltung vor
Rz. 135
Lagen die Voraussetzungen der Notverwaltung vor, werden im Innenverhältnis alle Miterben durch den handelnden Miterben zueinander verpflichtet. Der handelnde Miterbe kann außerdem im Außenverhältnis die Erbengemeinschaft verpflichten, ohne dass die Erben die Maßnahme genehmigen müssten. Zur Vermeidung einer persönlichen Haftung muss der Erbe entweder im Namen der Erbengemeinschaft handeln oder seine Haftung auf den Nachlass beschränken. Im Streitfall hat der handelnde Erbe zu beweisen, dass die Haftung auf den Nachlass beschränkt ist.
Rz. 136
Der handelnde Miterbe kann von der Erbengemeinschaft Ersatz seiner Aufwendungen nach § 2038 Abs. 2 i.V.m. § 748 BGB verlangen (bei Überschreitung des Notverwaltungsrechts siehe unten Rdn 141 f.) und muss damit auch nicht bis zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft warten.
Rz. 137
Nach Krug kann der handelnde Miterbe i.R.d. Notverwaltung einen Vorschuss gem. § 669 BGB von der Erbengemeinschaft fordern. In der Praxis wird man jedoch keinen Vorschuss von den Erben fordern, sondern die Zustimmung der Miterben herbeiführen: Jede Notverwaltung ist auch ein Fall der ordnungsmäßigen Verwaltung, bei der durch eine Mehrheitsentscheidung die Erbengemeinschaft verpflichtet und eine Nachlassverbindlichkeit begründet wird (siehe oben Rdn 114). Hätte der Miterbe Zeit einen Vorschuss zu fordern, kann die Maßnahme nicht dringlich sein. Es bleibt also lediglich das Kriterium der Erforderlichkeit der Maßnahme für die Erhaltung des Nachlasses (siehe oben Rdn 76). Ist die Maßnahme jedoch lediglich erforderlich, hat der Miterbe ausreichend Zeit den "besseren" Weg zu wählen und kann die Erben auf Zustimmung in Anspruch nehmen.
Rz. 138
Jeder Miterbe ist nicht nur lediglich berechtigt, sondern auch verpflichtet, Maßnahmen der Notverwaltung zu ergreifen. Ein Miterbe der schuldhaft keine Notverwaltungsmaßnahmen ergreift und hierdurch den Nachlass schädigt, ist dem Nachlass schadenersatzpflichtig (siehe oben Rdn 133).
Rz. 139
In Fällen von Verfügungen im Rahmen von Notverwaltungsmaßnahmen soll nach dem BGH § 2038 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB der Regelung des § 2040 BGB vorgehen.
b) Objektiv lag kein Fall der Notverwaltung vor
Rz. 140
Eine Maßnahme der Notverwaltung ist stets auch ein Fall der ordnungsmäßigen Verwaltung. Handelt der Miterbe im Rahmen einer vermeintlichen Notverwaltung, lag objektiv jedoch nicht die erforderliche Dringlichkeit vor bzw. war die Maßnahme für die Erhaltung des Nachlasses nicht erforderlich, so ist zunächst zu prüfen, ob (wenigstens) die Voraussetzungen einer ordnungsmäßigen Verwaltung vorgelegen haben.
Rz. 141
Nach einer Entscheidung des BGH kann der handelnde Miterbe bei Überschreitung des Notverwaltungsrechts Aufwendungsersatz über die Regelungen der Geschäftsführung ohne Auftrag verlangen. Diese Entscheidung übersieht, dass die Notverwaltung auch ein Fall der ordnungsmäßigen Verwaltung sein muss und die Miterben dann zur Mitwirkung verpflichtet sind. Mitwirkung ist jedoch nicht lediglich im Sinne einer Einwilligung, also der vorhergehenden Zustimmung (§ 183 Abs. 1 S. 1 BGB) zu verstehen. Hat ein Miterbe – zunächst auf eigenes Risiko – für die Erbengemeinschaft gehandelt, so kommt auch eine Genehmigung (nachträgliche Zustimmung, § 184 Abs. 1 BGB) in Betracht. Liegen die Voraussetzungen der ordnungsmäßigen Verwaltung vor, so sind die Miterben bei Überschreitung des Notverwaltungsrechts über Abs. 1 S. 2 Hs. 1 verpflichtet mitzuwirken und ggf. dementsprechend auch zu verurteilen. Für die Folgen der Überschreitung seines Verwaltungsrechtes hat der Miterbe selbst einzustehen. Hinsichtlich des Aufwendungsersatzes des handelnden Miterben bedarf es keines Rückgriffes auf die Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag: Der Maßstab der Prüfung ist und bleibt § 2038 BGB.