Rz. 12
Zur Verwaltung der Erbengemeinschaft siehe Rdn 51 ff. Zum Prozess der Erbengemeinschaft und zum Erbscheinsverfahren siehe § 8.
I. Verfügung über Anteil an dem gesamten Nachlass, § 2033 Abs. 1 BGB
Rz. 13
Miterben können über ihren Anteil an einzelnen Nachlassgegenständen nur gemeinsam verfügen, § 2033 Abs. 2 BGB (siehe hierzu auch Rdn 77). Das Verfügungsrecht der Miterben über seinen gesamten Erbteil regelt demgegenüber § 2033 Abs. 1 BGB. Danach kann jeder Miterbe über seinen gesamten Anteil am Nachlass verfügen. Das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft über den Verkauf eines Erbteils wird hingegen durch die §§ 2371 ff. BGB geregelt. Danach ist vor allen Dingen die zwingend notwendige notarielle Beurkundung des Verpflichtungsgeschäftes zu beachten, §§ 1922 Abs. 2, 2371, 2385 BGB.
Rz. 14
Anders als bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (dort § 719 Abs. 1 BGB) und der ehelichen Gütergemeinschaft (dort § 1419 Abs. 1 BGB) kann bei der Miterbengemeinschaft aufgrund von § 2033 BGB jeder Miterbe über seinen Anteil am Nachlass verfügen. Die Bindung des Anteils zum gesamthänderisch gebundenen Eigenvermögen des Miterben wird so aufgehoben: Der Miterbe kann seinen Anteil veräußern oder auch als Kreditsicherheit belasten. Dies ist vor allen Dingen in Fällen der aufgeschobenen oder ausgeschlossenen Auseinandersetzung (§ 2044 BGB) nützlich oder wenn ein Miterbe die Auseinandersetzung verweigert. § 2033 BGB ist zwingend und durch den Erblasser nicht abdingbar. Die Veräußerung kann auch nicht von der Zustimmung durch einen Testamentsvollstrecker abhängig gemacht werden. Ein rechtsgeschäftliches Verfügungsverbot der Miterben ist gem. § 137 S. 1 BGB dinglich unwirksam. Die (lediglich schuldrechtliche) Verpflichtung, über den Erbteil nicht zu verfügen, ist hingegen wirksam, § 137 S. 2 BGB. Eine gleichwohl vorgenommene Verfügung wird bei Verstoß gegen diese schuldrechtliche Verpflichtung nicht unwirksam (Abstraktionsprinzip), sondern begründet ggf. Schadensersatzansprüche. Der Erblasser kann jedoch einen Miterben auflösend bedingt bis zur Vornahme einer Verfügung über den Erbteil als Erben einsetzen und so die Verfügung für den Erben "unattraktiv" machen.
Das Verfügungsverbot in § 2033 Abs. 2 an einzelnen Nachlassgegenständen wird ergänzt durch die Vorschrift des § 2040 BGB, wonach die Erben gemeinschaftlich über einen Nachlassgegenstand verfügen können.
1. Voraussetzungen
a) Verfügungsberechtigte
Rz. 15
Nach § 2033 BGB kann jeder Miterbe über seinen Nachlassanteil verfügen. "Miterbe" ist auch der lediglich bedingt oder befristet als Miterbe Berufene, egal ob aufgrund gesetzlicher oder testamentarischer Erbfolge. Die Höhe der Beteiligung am Nachlass ist unerheblich, so dass auch die Beteiligung mit einem geringen Bruchteil gleiche Rechte gewährt. Der Nachlasspfleger für einen unbekannten Miterben ist nicht Miterbe i.S.v. § 2033 BGB (und darf daher nicht über den Erbanteil verfügen).
Rz. 16
Der Vor-Miterbe darf aufgrund §§ 2113–2155 BGB nicht zum Nachteil des Nach-Miterben verfügen. Sowohl der Nach-Miterbe als auch der Allein-Nacherbe können zwischen Erbfall und Nacherbfall über ihr Anwartschaftsrecht analog § 2033 Abs. 1 BGB verfügen. Bei Verzicht auf das Nacherbenrecht zugunsten des Vorerben ist § 2033 Abs. 1 BGB daher ebenfalls analog anwendbar, da auch darin eine Verfügung liegt. Zu Einzelheiten vgl. § 5 Rdn 18 ff.
b) Gegenstand und Form der Verfügung
Rz. 17
Der Anteil am Nachlass wird durch die Erbquote bestimmt, mit der ein Miterbe am Nachlass beteiligt ist. Über diesen Anteil kann der Miterbe verfügen, so lange auch nur noch ein einziger Nachlassgegenstand vorhanden und die Erbengemeinschaft noch nicht auseinandergesetzt ist. Als Minus zur Verfügung über den gesamten Anteil kann der Erbe auch über einen Bruchteil seines Miterbenanteils verfügen. Einzelne Gegenstände oder Rechte können nicht von der Verfügung ausgenommen werden.
Rz. 18
"Verfügung" i.S.v. § 2040 BGB entspricht dem allgemeinen Verfügungsbegriff. Verfügung ist demnach ein Rechtsgeschäft, das unmittelbar darauf gerichtet ist, auf das Recht am Miterbenanteil einzuwirken, es also entweder auf einen Dritten zu übertragen, mit einem Recht zu belasten, das Recht aufzuheben oder es sonst wie in seinem Inhalt zu verändern. Unter Verfügung i.S.v. § 2033 Abs. 1 BGB ist mithin nur das dingliche Rechtsgeschäft, nicht die (bloße) schuldrechtliche Verpflichtung zur Übertragung zu verstehen, da jene noch nicht unmittelbar auf das Recht am Miterbenanteil einwirkt. Auch die Zwangsvollstreckung gem. §§ 859 Abs. 2, 857 ZPO ist Verfügung i.S.v. § 2033 BGB, so dass der Nachlassanteil, nicht hingegen der Anteil an einzelnen Nachlassgegenständen gepfändet werden kann...