1. Begriff der Außerordentlichkeit
Rz. 64
Im Rahmen von § 2038 Abs. 1 S. 1 BGB ist die außerordentliche Verwaltung (zum Begriff der Verwaltung siehe oben Rdn 52) gemeint. Die ordentliche Verwaltung wird von § 2038 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BGB erfasst (siehe Rdn 68). Außerordentliche Verwaltung bezeichnet Maßnahmen, die für den Nachlass eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung haben.
Außerordentliche Verwaltungsmaßnahmen sind bspw.:
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Umänderung der Erbengemeinschaft in eine werbende Gesellschaft |
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Umwandlung eines Gewerbes in ein Unternehmen einer anderen Branche |
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Anregung zur Aufhebung einer Nachlassverwaltung. |
2. Begriff des gemeinschaftlichen Handelns
Rz. 65
Im Rahmen der außerordentlichen Verwaltung ist Einstimmigkeit der Miterben erforderlich. Nur wenn alle Miterben übereinstimmend handeln, liegt "gemeinschaftliches" Verwaltungshandeln i.S.v. § 2038 Abs. 1 S. 1 BGB vor. Im Innenverhältnis ist ein einstimmiger Beschluss der Erben erforderlich; im Außenverhältnis bedarf es einvernehmlichen Auftretens. Nicht erforderlich ist es jedoch, dass alle Erben auch gleichzeitig handeln. Im Außenverhältnis genügt das Handeln eines Miterben mit Zustimmung der anderen, §§ 182 ff. BGB. Nehmen die übrigen Miterben Verwaltungshandlungen eines Miterben hin, so kann darin eine stillschweigende Bevollmächtigung liegen. Hierbei müssen die Miterben jedoch erkennen können, dass die Verwaltungshandlungen des Miterben solche für den Nachlass und nicht für ihn selbst sind. Ein Verstoß gegen die Pflicht des gemeinschaftlichen Handelns führt zur Unwirksamkeit der Handlung im Innen- und Außenverhältnis: Bei internen Verwaltungshandlungen brauchen sich die nicht handelnden Erben nicht gebunden zu fühlen, da die Handlung für die Miterben untereinander ohne Bedeutung ist. Bei externem Verwaltungshandeln richtet sich die Haftung des Miterben nach den §§ 177 ff. BGB, wenn der Erbe ohne die erforderliche Vollmacht sämtlicher Erben handelt. Einseitige Rechtsgeschäfte sind daher nach § 180 BGB zu beurteilen. Die Pflicht zum gemeinschaftlichen Handeln gilt nur in Fällen der außerordentlichen Verwaltung.
3. Rechtsfolgen bei außerordentlicher Verwaltung
a) Miterben haben gemeinschaftlich gehandelt
Rz. 66
Die gemeinschaftlich und offen erkennbar für den Nachlass handelnden Miterben haften nicht mit ihrem Eigenvermögen, sondern ausschließlich mit dem Nachlass. Ist ein Handeln für den Nachlass dagegen nicht erkennbar, gilt § 164 Abs. 2 BGB und die Miterben haften auch persönlich. Die Miterben sind jedoch einander nicht verpflichtet, eine persönliche Haftung einzugehen.
b) Miterben haben nicht gemeinschaftlich gehandelt
Rz. 67
Ein Verstoß gegen den Grundsatz des gemeinschaftlichen Handelns macht die Handlung im Innen- und Außenverhältnis unwirksam. Bei Verwaltungshandlungen innerhalb der Erbengemeinschaft werden die nicht handelnden Miterben nicht gebunden, die Handlung ist für die Miterben ohne Bedeutung. Bei Verwaltungshandlungen nach außen tritt keine Wirkung der Rechtsgeschäfte ein. Die Handelnden haften ggf. aus § 179 BGB oder aus § 311 Abs. 2 und 3 BGB (culpa in contrahendo).