1. Rechtssurrogation
Rz. 188
Die erste Alternative von § 2041 BGB regelt den Surrogationserwerb für den Fall der Rechtssurrogation. Der Begriff des "Rechts" ist weiter als der des Anspruches i.S.v. § 194 BGB. Neben den unmittelbaren schuldrechtlichen und sachlichen Ansprüchen sind die Früchte i.S.v. § 99 Abs. 2 BGB ebenfalls mit umfasst. Aber auch Rechte, die nicht gleichzeitig Ansprüche sind, fallen unter die 1. Alternative. Dies sind namentlich Gestaltungsrechte (wie Anfechtung, Kündigung, Rücktritt, Widerruf), absolute Rechte (wie Eigentum, Persönlichkeitsrecht und Urheberrecht), und das Recht zum Besitz (§ 986 BGB).
Rz. 189
Es ist gleichgültig, ob die ursprüngliche Rechtsposition dem Zivilrecht oder dem öffentlichen Recht entstammt. Soweit es um einen Erwerb aufgrund eines rechtsgeschäftlich begründeten Anspruches geht, kommt die Rechtssurrogation nur in Betracht, soweit das Rechtsgeschäft noch vom Erblasser selbst abgeschlossen worden ist und damit der bereits entstandene Anspruch in den Nachlass gefallen ist. Wird das Rechtsgeschäft hingegen erst von einem oder mehreren Miterben getätigt, können die Voraussetzungen einer Beziehungssurrogation erfüllt sein (zur Beziehungssurrogation siehe unten Rdn 191).
2. Ersatzsurrogation
Rz. 190
Die zweite Alternative von § 2041 BGB regelt den Surrogationserwerb für den Fall der Ersatzsurrogation. Hierunter fallen die Leistungen aufgrund von Schadensersatzansprüchen "für Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines Nachlassgegenstandes" nach dem Erbfall (sonst Rechtssurrogation). Dies sind bspw. Ersatzansprüche gegen den Testamentsvollstrecker, wenn der Schaden in einer Verminderung des Nachlasswertes besteht. Rührt der Schaden jedoch von Fehlern des Testamentsvollstreckers bei der Auseinandersetzung her, so handelt es sich um Ansprüche, die dem oder den betroffenen Miterben einzeln zustehen. Verletzt ein Notar bei der Beurkundung eines Rechtsgeschäfts, das sich auf einen Nachlass bezieht, fahrlässig die ihm gegenüber den Miterben obliegende Amtspflicht, gehört der Schadensersatzanspruch gegen den Notar ebenfalls zum Nachlass, wenn die Miterben nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermögen.
Beispiel: Ersatzsurrogation
Erblasser Max Meier (E) verstarb 2008. Er war verheiratet mit Magda (F) und hinterlässt zwei erwachsene Kinder, Daniel und Anna. Er hatte keinen Ehevertrag geschlossen und hinterlässt kein Testament. Zum Nachlass des E gehört unter anderem ein Mehrfamilienhaus. Durch einen Sturm wird das Dach des Hauses beschädigt. Die Wohngebäudeversicherung erstattet auf das Konto der F den entstandenen Schaden i.H.v. 16.605 EUR. Muss F das Geld an die Erbengemeinschaft weiterleiten?
Lösung
Die Versicherungsleistung wurde für eine Beschädigung nach dem Erbfall bezahlt und fällt durch Ersatzsurrogation in den Nachlass. Die F muss die Ersatzleistung an die Erbengemeinschaft auskehren.
3. Beziehungssurrogation (Mittelsurrogation)
Rz. 191
Die dritte Alternative von § 2041 BGB regelt den Surrogationserwerb für den Fall der Beziehungssurrogation. Anders als §§ 2019, 2111 BGB spricht die 3. Alternative nicht davon, dass der Gegenstand "mit Mitteln des Nachlasses" (Mittelsurrogation) erworben wurde; vielmehr muss sich das Rechtsgeschäft hier auf den Nachlass beziehen.
Rz. 192
Vielfach diskutiert ist die Frage, ob der Unterschied im Wortlaut auch einen Unterschied bei den rechtlichen Voraussetzungen zur Folge hat. Neben der objektiven Voraussetzung, dass ein innerer Zusammenhang mit dem Nachlass besteht (was auch aus einer wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit folgen kann), ist nach einer Auffassung noch eine subjektive Voraussetzung erforderlich. Es wird dann verschiedentlich weiter differenziert, ob subjektive Kriterien allein ausreichend sein können oder neben objektive Kriterien treten können. Ein Beispiel ist der Erwerb von Nachlassgegenständen ohne Einsatz von Mitteln aus dem Nachlass (kein objektives Kriterium) durch einen Miterben mit dem Willen, es für den Nachlass zu erwerben (subjektives Kriterium).
Rz. 193
Wie Dütz überzeugend darlegte, spricht nichts dafür, dass der Gesetzgeber bewusst zwischen der Beziehungs- und Mittelsurrogation unterschieden hat und der Beziehungssurrogation noch ein subjektives Element hinzufügen wollte. Der Schutzzweck der Norm (Werterhaltung des Nachlasses für Nachlassgläubiger und Miterben) erfordert es nicht, dass beim bloßen Wollen etwas für den Nachlass zu erwerben der Gegenstand kraft "unmittelbarer Ersetzung" zum Nachlassvermögen gehört. Denn hier wird nichts "ersetzt", selbst wenn ein Miterbe sich das vorstellt: Wenn keine Nachlassmittel eingesetzt werden, brauchen sie auch nicht ersetzt werden oder mit weniger Worten: Wo nichts war, kann nichts ersetzt werden. Würde man subjektive Kriterien genügen lassen, könnte ein Miterbe die Erbe...