1. Allgemein
Rz. 196
§ 2041 S. 1 BGB bestimmt die unmittelbare Ersetzung der ausgegebenen Mittel durch den erworbenen Gegenstand. Es bedarf hierzu weder eines besonderen Übertragungsaktes noch ist ein möglicherweise entgegenstehender Wille der Miterben beachtlich: Der erworbene Gegenstand wird ohne Durchgangserwerb beim handelnden Miterben zum Bestandteil des gesamthänderischen Vermögens der Erbengemeinschaft. Die Miterben bzw. Nachlassgläubiger als geschützte Personen des § 2041 BGB sind mithin nicht darauf angewiesen, erst schuldrechtliche Ansprüche durchzusetzen, um den Ersatzgegenstand zum Nachlassvermögen "zu ziehen".
Rz. 197
Der BGH hat daher auch seine Meinung aufgegeben, wonach ein nichtübertragbares Recht oder eine nichtübertragbare Rechtsstellung nicht Gegenstand einer Surrogation sein könne, sondern stattdessen ein etwa an die Stelle tretender schuldrechtlicher Ausgleichsanspruch. Diese Auffassung würde den durch § 2041 BGB beabsichtigten Schutz der Miterben und Nachlassgläubiger aushöhlen, da Miterben lediglich Nachlassgegenstände in nichtübertragbares Recht oder eine nichtübertragbare Rechtsstellung zu tauschen bräuchten, um sich der gesetzlichen Folge des § 2041 BGB zu entziehen. Die dingliche Sicherung würde sich ohne zwingende Sachgründe zu einem bloß persönlichen ungesicherten Geldanspruch "verflüchtigen". Darüber hinaus wird das Risiko einer Pfändung des Erworbenen beim handelnden Miterben (wegen dessen Eigenverbindlichkeiten) ausgeschlossen.
Rz. 198
Die Ersetzung tritt auch ein, wenn jemand eine der Surrogationsalternativen verwirklicht, der nicht Miterbe ist. Der Gesetzestext ist hier bewusst offen formuliert worden. § 2041 BGB ist mithin nicht auf Handlungen und Rechtsgeschäfte der Miterben beschränkt.
Rz. 199
Durch den Verweis auf § 2019 Abs. 2 BGB in § 2041 S. 2 BGB wird der Schuldner einer Forderung geschützt: Solange der Schuldner keine Kenntnis von der Ersetzung einer Forderung hat, kann er weiterhin mit befreiender Wirkung an den "alten" Gläubiger leisten.
Rz. 200
Hinweis
§ 2041 BGB ist eine häufig übersehene Vorschrift. Nicht selten wird zwischen den Parteien der Erbengemeinschaft heftig darüber gestritten, ob bspw. ein Miterbe einen Nachlassgegenstand einfach "eigenmächtig" veräußern durfte (soweit verfügt wurde natürlich nicht, § 2040 BGB) und er den Erlös als "vorweggenommene Teilauseinandersetzung" schon einmal "für sich behalten" darf. Es bedarf hier keiner langen Diskussionen, dass der handelnde Miterbe nicht verfügen durfte. Ebenso wenig muss aber darüber diskutiert werden, dass der Veräußerungserlös Vermögen der gesamthänderisch gebundenen Erbengemeinschaft ist und der handelnde Erbe daher den Erlös auch der Gesamthand zur Verfügung stellen muss. Handelt es sich um einen Gegenstand, können die Miterben auch Einräumung des Mitbesitzes gemäß § 866 BGB verlangen, da der handelnde Miterbe gem. § 872 BGB als Eigenbesitzer besitzt. Es wird auch zu prüfen sein, ob der Geschäftspartner aufgrund § 2039 S. 1 Alt. 1 BGB überhaupt mit befreiender Wirkung geleistet hat. Wurde der "eigenmächtig" handelnde Miterbe – fälschlich – im Grundbuch als Alleineigentümer eingetragen, so haben die Miterben einen Grundbuchberichtigungsanspruch gem. § 894 BGB (unverjährbarer Anspruch, § 898 BGB).
2. Kettensurrogation
Rz. 201
Die Ersetzung ist nicht auf einen Vorgang beschränkt. Vielmehr gilt § 2041 BGB uneingeschränkt auch in Fällen der Doppel- oder Kettensurrogation. Somit kann auch noch nach Jahren ggf. ein Grundbuchberichtigungsanspruch gem. § 894 BGB geltend gemacht werden (keine Verjährung, § 898 BGB).
Beispiel
Einer von zwei Erben wurde 1924 als Alleineigentümer eines Grundstückes eingetragen, das mit dem Erlös aus dem Verkauf eines Nachlassgrundstückes erworben worden war. Aufgrund der unmittelbaren Ersetzung durch § 2041 BGB sind beide Erben gem. § 47 GBO in Erbengemeinschaft in das Grundbuch einzutragen, auch wenn der Berichtigungsanspruch erst 1992 geltend gemacht wird (keine Verjährung des Berichtigungsanspruches, § 898 BGB).
Dies ist die einzige Möglichkeit, wie ein Grundstück durch eine Erbengemeinschaft in Erbengemeinschaft erworben werden kann.
3. Gutgläubiger Erwerb
Rz. 202
Auch beim Erwerb durch Surrogation gelten die Vorschriften der §§ 932 ff. BGB über den gutgläubigen Erwerb vom Nichtberechtigten. Ist mithin der handelnde Miterbe bösgläubig, so ist ein gutgläubiger Erwerb durch die Erbengemeinschaft ausgeschlossen.
4. Verhältnis zur dinglichen Surrogation nach § 2019 BGB und § 2111 BGB
Rz. 203
Beim Surrogationserwerb des Erbschaftsbesitzers gilt § 2019, beim Vorerben § 2111 BGB. Ist jedoch der Vorerbe Miterbe der Erbengemeinschaft, so gilt im Verhältnis zu den übrigen...