Julia Roglmeier, Dr. Christopher Riedel
a) Formen letztwilliger Verfügungen
aa) Allgemeines
Rz. 40
Hat sich der Mandant gegen eine lebzeitige und für eine Nachfolge von Todes wegen entschieden, muss nach Prüfung des Bestehens der Testierfähigkeit und -freiheit überlegt werden, welche Form einer letztwilligen Verfügung für ihn in Frage kommt. Grundsätzlich wird zwischen ordentlichen und außerordentlichen Testamentsformen einerseits und einem Erbvertrag andererseits unterschieden.
Rz. 41
Den ordentlichen Testamenten unterfällt das öffentliche (notariell beurkundete) und das privatschriftliche (eigenhändige) Testament.
Ein öffentliches Testament muss im Gegensatz zu einem privatschriftlichen Testament nicht eigenhändig errichtet worden sein. Die Eigenhändigkeit wird hier durch die notarielle Beurkundung ersetzt. Der Erblasser kann seinen Willen entweder mündlich erklären und durch den Notar niederlegen lassen (§ 2232 S. 1 Hs. 1 BGB). Er kann dem Notar aber auch eine (offene oder verschlossene) Schrift übergeben, verbunden mit der Erklärung, dass die Schrift seinen letzten Willen enthält, § 2232 S. 2 Hs. 2 BGB.
Rz. 42
Ein privatschriftliches Testament muss wegen der sich aus § 2247 Abs. 1, 3 BGB ergebenden Formvorschrift vom Erblasser zwingend eigenhändig geschrieben und unterschrieben worden sein, um Wirksamkeit zu entfalten. § 2247 Abs. 2 BGB enthält weitere Soll-Vorschriften, die das zwingende Formerfordernis der Eigenhändigkeit aus § 2247 Abs. 1, 3 BGB ergänzen. Danach "sollen" Ort und Datum der Errichtung angeben werden. Fehlen diese Angaben, kann es zu Auslegungsschwierigkeiten und Beweisproblemen kommen (§ 2247 Abs. 5 BGB). Die letztwillige Verfügung wird dann allerdings nicht automatisch unwirksam.
bb) Gemeinschaftliches Testament
Rz. 43
Bei gemeinschaftlichen Testamenten sieht das Gesetz insofern eine Formerleichterung vor, als dass es ausreicht, wenn einer der beiden Eheleute das Testament in der Form des § 2247 BGB errichtet, eigenhändig unterschreibt und der andere Ehegatte eigenhändig mitunterzeichnet, § 2267 S. 1 BGB. Das kann beispielsweise mit den Worten "Das ist auch mein letzter Wille. Ort, Datum, Unterschrift" geschehen.
Rz. 44
Die bekannteste Form des gemeinschaftlichen Testamentes stellt das sog. "Berliner Testament" dar. Danach setzen sich Eheleute für den ersten Erbfall gegenseitig zu Erben ein, Schlusserben sind dritte Personen, in der Regel die gemeinsamen Kinder. Das Grundmodell des Berliner Testaments ist in § 2269 Abs. 1 BGB geregelt.
Die Gestaltung eines Berliner Testaments kann sowohl in der Einheitslösung, als auch in der Trennungslösung erfolgen. Die Einheitslösung sieht den Grundfall vor: Gegenseitige Vollerbeneinsetzung im ersten Erbfall und Schlusserbenbestimmung nach dem Tod des Letztversterbenden. Bei der Trennungslösung werden die einzelnen Vermögensmassen der Eheleute voneinander getrennt: Im ersten Erbfall wird der Überlebende lediglich Vorerbe des Erstverstorbenen. Nacherben werden Dritte, die sodann auch als Schlusserben des Längerlebenden bedacht sind. Bei Auslegungsschwierigkeiten greift die gesetzliche Auslegungsregel des § 2269 BGB: Im Zweifel ist von der Einheitslösung auszugehen.
Rz. 45
All diese Modelle haben gemeinsam, dass stets zwei Erbfälle geregelt werden. Parallel hierzu gibt es aber auch Konstruktionen, die lediglich einen Erbfall regeln. Danach werden meist die Kinder oder dritte Personen direkt als Erben des Erstversterbenden bestimmt, während der länger lebende Ehegatte mit Vermächtnissen (z.B. Nießbrauch am Immobilienvermögen) bedacht wird.
Rz. 46
Im Rahmen von gemeinschaftlichen Testamenten muss stets geprüft und festgelegt werden, ob die Eheleute den getroffenen letztwilligen Verfügungen Bindungswirkung beimessen. Ist dies der Fall, kann sich jeder der Eheleute nicht mehr einseitig von der einmal getroffenen Verfügung lösen. Zu Lebzeiten des Partners ist dies nur durch einen Widerruf nach den §§ 2271 Abs. 1 S. 1, 2296 BGB (höchstpersönliche, empfangsbedürftige Willenserklärung in notarieller Form) möglich.
Rz. 47
Wichtig
Ist einer der Eheleute geschäftsunfähig und möchte der andere Ehegatte das gemeinschaftliche Testament widerrufen, ist umstritten, ob der Widerruf gegenüber einem Betreuer wirksam ist. Anerkannt ist, dass bei Willenserklärungen mit erbrechtlichem Bezug, wie z.B. bei der Anfechtung/Aufhebung eines Erbvertrages und beim Abschluss/der Aufhebung eines Erbverzichtsvertrages ein Betreuer rechtswirksam handeln kann. Nachdem allerdings die Testamentserrichtung Höchstpersönlichkeit voraussetzt, muss diese Höchstpersönlichkeit nach der Kehrseitentheorie auch für den Widerruf vorliegen mit der Konsequenz, dass ein Widerruf durch einen Betreuer nicht möglich ist.
Rz. 48
Nach Eintritt des ersten Erbfalles kann der überlebende Ehegatte keinen Widerruf mehr erklären. Allerdings kann ein zu Lebzeiten wirksam erklärter Widerruf auch nach dem Tod des widerrufenden Ehegatten noch (eingeschränkt) zugehen.
Rz. 49
Im Rahmen der Bindungswirkung und Wechselbezüglichkeit von letztwilligen Verfügungen, die im Rahmen eines gemeinschaftlichen Testamentes getroffen wurden, muss j...