Julia Roglmeier, Dr. Christopher Riedel
Rz. 344
Soweit der Erbe durch Erbgang Gesellschafter einer OHG bzw. Komplementär einer KG geworden ist, kann er gem. § 139 Abs. 1 bis 3 HGB wählen, ob er unter Aufrechterhaltung der persönlichen Haftung Gesellschafter bleiben oder die Fortdauer seiner Gesellschafterstellung von der Einräumung des Kommanditistenstatus abhängig machen will.
Das Wahlrecht ist höchstpersönlich, kann also weder durch einen Testamentsvollstrecker noch durch einen Nachlassverwalter bzw. Nachlassinsolvenzverwalter ausgeübt werden. Da es eine Erbenstellung voraussetzt, scheidet es auch für Vermächtnisnehmer und Erbschafts- oder Erbteilskäufer aus. Wurde der Erblasser von mehreren Personen beerbt und sind auch mehrere Miterben in die Gesellschafterstellung nachgerückt, stehen jedem von ihnen (für sich allein) die Rechte aus § 139 HGB zu; die Miterben können sich hierbei also auch unterschiedlich entscheiden. Gem. § 139 Abs. 3 HGB hat der Erbe zur Fällung seiner Entscheidung grundsätzlich eine Bedenkzeit von drei Monaten. Für den Fristbeginn kommt es auf den Zeitpunkt der Kenntnis des Erben vom Erbfall, nicht den von der Kenntnis des Eintritts in die Gesellschafterstellung an.
Rz. 345
Nehmen die übrigen Gesellschafter den Antrag des Erben an, wird er automatisch Kommanditist. Die Haftung für Altverbindlichkeiten richtet sich dann nach erbrechtlichen Maßstäben sowie nach §§ 173, 171 f. HGB. Die Mitgliedschaft in der Gesellschaft bleibt mit geändertem Inhalt bestehen. Seine Einlage bestimmt sich, vorbehaltlich anderweitiger Regelungen im Gesellschaftsvertrag, nach dem auf ihn entfallenden Teil der Einlage des Erblassers. Dabei geht die h.M. vom Kapitalanteil des Erblassers im Zeitpunkt des Erbfalls aus und rechnet diesem ausstehende Einlagen oder unzulässigerweise erfolgte Entnahmen hinzu. Als Haftsumme wird i.d.R. der Aktivsaldo des Kapitalkontos festgelegt, wobei die Frage der Berücksichtigung der vorgenannten Hinzurechnungen umstritten ist.
Rz. 346
Fällt durch die Umwandlung der Stellung des Erben der einzige persönlich haftende Gesellschafter weg, führt die Annahme seines Antrags zur Liquidation der Gesellschaft, sofern kein neuer Komplementär gefunden wird.
Rz. 347
Lehnen die übrigen Gesellschafter den Wunsch des Erben ab, hat er die Möglichkeit, als persönlich haftender Gesellschafter in der Gesellschaft zu verbleiben oder innerhalb der Frist des § 139 Abs. 3 HGB (drei Monate) sein Ausscheiden zu erklären. Diese Möglichkeit besteht auch dann, wenn die Mitgesellschafter innerhalb der 3-Monats-Frist keine qualifizierte Antwort erteilen. Die Einhaltung einer Kündigungsfrist ist nicht erforderlich, § 139 Abs. 2 HGB. Im Falle seines Ausscheidens ist der Gesellschafter abzufinden. Die Höhe der Abfindung richtet sich grundsätzlich nach dem tatsächlichen Wert des Anteils; abfindungsbeschränkende Gesellschaftsvertragsklauseln gelten im Zweifel nicht für das Ausscheiden nach § 139 Abs. 2 HGB.
Rz. 348
Das in § 139 HGB verankert Wahlrecht des Erben stellt zwingendes Recht dar. Es kann nicht durch Gesellschaftsvertrag entzogen oder eingeschränkt werden, § 139 Abs. 5 Hs. 1 HGB. Gesellschaftsvertragliche Regelungen, durch die z.B. die Drei-Monats-Frist abgekürzt wird, die die Übernahme eines höheren Kommanditanteils vorsehen oder nur für den Fall des Ausscheidens die Abfindung beschränken, sind unzulässig. Möglich sind aber Regelungen, denen zufolge der Gewinnanteil des Erben nach der Einräumung der Kommanditistenstellung anders bestimmt wird als der des Erblassers, § 139 Abs. 5 Hs. 2 HGB.