Julia Roglmeier, Dr. Christopher Riedel
Rz. 192
§ 523 BGB regelt die Haftung des Schenkers für Rechtsmängel des Schenkungsgegenstandes. Im Zuge der Schuldrechtsreform wurde § 523 Abs. 2 S. 2 BGB dabei an die neuen Vorschriften über die Rechtsmängelhaftung des Verkäufers angeglichen.
Gegenüber den allgemeinen Vorschriften beinhaltet § 523 BGB einen zugunsten des Schenkers abgeschwächten Haftungsrahmen. Eine Verpflichtung zur Zahlung von Schadenersatz besteht nur dann, wenn der Schenker den Rechtsmangel arglistig verschwiegen hat. Wollte der Schenker den Schenkungsgegenstand allerdings erst erwerben, besteht die Schadenersatzpflicht bereits dann, wenn der Schenker den Rechtsmangel bei Erwerb der Sache bereits kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
Rz. 193
Rein dogmatisch fügen sich die Vorschriften der §§ 523, 524 BGB nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes nicht mehr in das bestehende System ein. Es bleibt abzuwarten, ob künftig auch bei der Schenkung, so wie im Kauf- und Werkvertragsrecht bereits erfolgt, die Gewährleistungsvorschriften in das allgemeine Leistungsstörungsrecht eingepasst werden.
Rz. 194
Die §§ 523, 524 BGB sind restriktiv auszulegen. Zwar gehen die Vorschriften der allgemeinen Grundnorm des § 280 BGB als lex specialis vor, sie greifen allerdings nur bei Vorliegen eines Sach- oder Rechtsmangels und lassen sonstige Pflichtverletzungen des Schenkers (§§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB) unberührt.
Rz. 195
§ 523 BGB schützt nicht den Beschenkten, sondern den Schenker: Er haftet grundsätzlich nur bei massiven Pflichtverletzungen oder Arglist. Im Rahmen von § 523 BGB muss unterschieden werden, ob der Schenker den Schenkungsgegenstand bereits in Besitz hat (Absatz 1 – abgemilderter Haftungsmaßstab) oder nicht (Absatz 2 – schärferer Haftungsmaßstab).
Rz. 196
§ 523 BGB umfasst entgegen des widersprüchlichen und ungenauen Wortlauts sowohl Sachen und Rechte und gilt sowohl für Gattungsschulden (§ 243 BGB), als auch für Stückschulden.
Rz. 197
§ 523 Abs. 2 S. 2 BGB verweist auf § 435 BGB. Es gelten demnach dieselben Grundsätze wie bei der Verkäuferhaftung. Danach ist der verschenkte Gegenstand ohne Rechtsmängel, wenn Dritte gegenüber dem Beschenkten keine Rechte oder nur solche Rechte geltend machen können, die sich aus dem Schenkungsvertrag ergeben. Was das Vorliegen des Rechtsmangels betrifft, ist der Zeitpunkt des Schenkungsvollzugs maßgeblich. Auch nach Abschluss des Schenkungsvertrags eintretende Rechtsmängel können allerdings beachtlich sein: Verursacht der Schenker nämlich durch sein Verhalten einen Rechtsmangel und besteht dieser bei Schenkungsvollzug nach wie vor, liegt auf Seiten des Schenkers eine schuldhafte Verletzung seiner vertraglichen Nebenpflichten, dafür zu sorgen, dass der Schenkungsgegenstand nach Vertragsabschluss durch Rechtsmängel nicht beeinträchtigt wird.
Rz. 198
Im Rahmen von § 523 Abs. 1 BGB haftet der Schenker nur für arglistiges Verschweigen. Er hat lediglich die Pflicht, den Schenkungsgegenstand in der konkreten Beschaffenheit, wie er sich in seinem Vermögen befindet, auf den Zuwendungsempfänger zu übertragen. Demgegenüber hat der Leistungsempfänger im Rahmen von § 523 Abs. 1 BGB keinen Anspruch auf Mangelbeseitigung oder Schadenersatz. § 433 Abs. 1 S. 1 BGB ist grundsätzlich nicht anwendbar. Anders ist nur zu urteilen, wenn es sich bei der Schenkung nur um eine der Gattung nach bestimmbare Sache handelt und der Schenker sowohl fehlerbehaftete als auch fehlerfreie Gegenstände in seinem Vermögen hat. In diesem Fall besteht ausnahmsweise doch ein Anspruch auf Leistung eines rechtsmängelfreien Gegenstands.
Rz. 199
§ 523 Abs. 2 BGB verschärft den Haftungsmaßstab für den Schenker, wenn er den Schenkungsgegenstand erst noch erwerben muss. Dann nämlich haftet er bereits für Kennen oder grob fahrlässiges Kennen-müssen (§ 276 BGB). Ihn trifft in diesem Fall eine vertragliche Verpflichtung zur Leistung einer rechtsmängelfreien Sache. Unerheblich ist, ob es sich um eine Gattungsschuld oder einen konkreten Schenkungsgegenstand handelt. Zu beachten ist allerdings, dass der Schenker von seiner Verpflichtung frei wird, wenn der Mangel für ihn nicht behebbar ist.
Rz. 200
§ 523 BGB ist zwischen den Vertragsparteien in gewissem Umfang abdingbar. Das ist auch interessengerecht, nachdem der Schenker zusätzlich zur grundsätzlich nicht geschuldeten Minderung seines Vermögens keine zusätzlichen Haftungsrisiken übernehmen möchte. Eine Haftung für Vorsatz (§ 276 Abs. 3 BGB) kann nicht ausgeschlossen werden. Gleiches gilt, wenn der Schenker eine Garantie für die Beschaffenheit des Schenkungsgegenstandes übernommen hat. Der umgekehrte Fall, eine Haftungsausweitung zu Lasten des Schenkers, muss notariell beurkundet werden, um wirksam zu sein.
Rz. 201
Im Rahmen von § 523 Abs. 1 BGB schuldet der Schenker bei arglistigem Verschweigen eines Rechtsmangels dem Beschenkten gegenüber Ersatz des Vertrauensschadens. Ein Anspruch auf Schadenersatz statt der ...