Julia Roglmeier, Dr. Christopher Riedel
Rz. 27
Das Erbrecht des Ehegatten wird in den §§ 1931 bis 1934 BGB geregelt. Es steht neben dem Erbrecht der Verwandten. Treffen demnach ein Ehegatte und Verwandte der 1. bis 3. Ordnung aufeinander, kommt es in der Regel nicht zu einer alleinigen Erbfolge des Ehegatten. Dieser erbt vielmehr neben den übrigen Verwandten quotal. Je entfernter die Verwandtschaft der übrigen erbberechtigten Personen dabei ist, umso höher fällt die Erbquote des Ehegatten aus.
Rz. 28
Daneben hat der Güterstand, in dem der Erblasser mit dem Ehegatten verheiratet war, erheblichen Einfluss auf die Berechnung der Erbquote. Um die Erbquote des Ehegatten zu berechnen, muss diese zunächst unabhängig vom Güterstand, aber vor dem Hintergrund weiterer erbender verwandter Personen berechnet werden. Sodann ist zu untersuchen, ob sich die Erbquote bei einer Zugewinnehe nach § 1931 Abs. 3 BGB i.V.m. § 1371 Abs. 1 BGB pauschal erhöht oder ob sie im Falle der Gütertrennung nach § 1931 Abs. 4 BGB abgeändert werden muss. Bestand zwischen den Eheleuten zum Zeitpunkt des Eintritts des Erbfalls Gütergemeinschaft, gelten die Absätze 1 und 3 aus § 1931 BGB fort.
aa) Gütergemeinschaft
Rz. 29
War der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes in Gütergemeinschaft (§ 1415 BGB) verheiratet, gilt § 1931 Abs. 1, 3 BGB und der Ehegatte erbt neben Abkömmlingen des Erblassers (Erben erster Ordnung) zu ¼, neben Erben zweiter Ordnung und Großeltern zu ½. Sind weder Erben erster noch Erben zweiter Ordnung vorhanden und leben auch die Großeltern des Erblassers nicht mehr, dann fällt der Nachlass dem Ehegatten alleine zu.
bb) Gütertrennung
Rz. 30
Bestand zwischen dem Erblasser und seinem Ehegatten zum Zeitpunkt des Erbfalles Gütertrennung (§§ 1414 ff. BGB), kommt § 1931 Abs. 4 BGB zum Tragen: Der Ehegatte erbt neben ein oder zwei Kindern zu gleichen Teilen (also ½ bei nur einem Kind und ⅓ bei zwei Kindern). Hinterlässt der Erblasser mehr als zwei Kinder, erhält der Ehegatte mindestens eine Erbquote von ¼. Es verbleibt insofern bei § 1931 Abs. 1 BGB. Sind keine Erben erster Ordnung (Kinder, Enkelkinder etc.) vorhanden, erbt der Ehegatte neben Erben der zweiten Ordnung bzw. Großeltern die Hälfte. Existieren auch keine Erben zweiter Ordnung, so erbt der Ehegatte alleine.
Rz. 31
Wichtig
Beim Erbrecht des Ehegatten ist in allen Güterstandsvarianten stets auf § 1931 Abs. 1 S. 2 BGB zu achten. Trifft der Ehegatte auf ein Großelternteil und ist das andere Großelternteil bereits vorverstorben, erben nicht die Abkömmlinge des vorverstorbenen Großelternteils mit. Deren Erbteil fällt in diesem Fall ebenfalls dem Ehegatten zu.
cc) Zugewinngemeinschaft
Rz. 32
Waren die Eheleute im Güterstand der Zugewinngemeinschaft (§§ 1363 ff. BGB) verheiratet, so erbt der Ehegatte zunächst ¼. Dieses ¼ wird sodann um ein weiteres ¼ pauschal erhöht. Hierdurch wird der Zugewinnausgleich vollzogen, §§ 1371, 1931 Abs. 3 BGB. Wichtig ist, dass die Erhöhung tatsächlich pauschal erfolgt und unabhängig davon vorgenommen wird, ob in den Ehejahren tatsächlich ein Zugewinn erwirtschaftet wurde und wenn, in welcher konkreten Höhe sich dieser bemisst.
Rz. 33
Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft kann modifiziert werden. Das bietet sich vor allem in den Fällen an, in denen die Eheleute Wert darauf legen, bestimmte Vermögensgegenstände vom Zugewinn auszuschließen, wenn der Güterstand aus anderen Gründen als durch Tod (also z.B. durch Scheidung) beendet wird. Hierbei kann es sich beispielsweise um die Wertsteigerungen bei ererbtem Vermögen oder aber auch um Unternehmensbeteiligungen handeln. Schließen die Eheleute demnach einen Ehevertrag, der eine modifizierte Zugewinngemeinschaft zum Inhalt hat, bleiben die angesprochenen Vermögensgegenstände bei der Berechnung des Zugewinns außer Betracht. Auf diese Weise können die Vorteile der Gütertrennung mit denen des gesetzlichen Güterstandes kombiniert werden.
Rz. 34
Der längerlebende Ehegatte hat auch die Möglichkeit die Erbschaft auszuschlagen. Er kann statt der pauschalen Erhöhung der Erbquote um ¼ den konkreten Zugewinnausgleich zuzüglich des kleinen Pflichtteils aus der nicht erhöhten Erbquote (mithin ⅛) verlangen. Bei der Ausschlagung ist stets die erbrechtliche Lösung (gesetzliche Erbquote zuzüglich pauschaler Erhöhung um ein weiteres ¼) zu berechnen und der güterrechtlichen Lösung (kleiner Pflichtteil zuzüglich konkreter Zugewinnausgleich) gegenüberzustellen. Das gestaltet sich insofern als nicht ganz unproblematisch, da selbstverständlich die kurzen Ausschlagungsfristen des § 1944 BGB einzuhalten sind.
Rz. 35
Vorteilhaft ist die güterrechtliche Lösung vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Erwägungen immer dann, wenn der Anteil des Zugewinnausgleichsanspruchs am Nachlass über 85,71 % beträgt.
Wichtig
Kommt eine Ausschlagung in Betracht, ist stets darauf zu achten, dass der Ehegatte kein Vermächtnis (und sei es wertmäßig auch noch so gering) annimmt. Ist dies nämlich der Fall, ist ihm der Weg zu einer güterrechtlichen Lösung wegen § 1371 Abs. 2 BGB endgültig versperrt und eine Ausschlagung nicht mehr möglich.