Julia Roglmeier, Dr. Christopher Riedel
I. Allgemeines
Rz. 158
Der Unternehmer kann seine Nachfolge von Todes wegen gestalten. Er kann die unternehmerische Beteiligung aber auch lebzeitig im Wege der "vorweggenommenen Erbfolge" übergeben. Unter den Begriff "vorweggenommene Erbfolge" fallen dabei Vertragsgestaltungen, nach denen einesteils das Unternehmen oder wesentliche Teile hiervon auf einen Nachfolger übergehen und die andernteils, je nach Fallgestaltung, diverse Gegenleistungen enthalten, die als Kern meist die Absicherung des Übergebers zum Inhalt haben. Oftmals spricht man im Zusammenhang mit den Instrumenten der lebzeitigen Unternehmensnachfolge deshalb auch von "Generationennachfolgeregelungen".
Rz. 159
Findet die Übergabe unentgeltlich oder teilunentgeltlich statt, liegt eine Form der Schenkung vor. Im Folgenden sollen deshalb die zivilrechtlichen Grundlagen der Schenkung aufgezeigt werden. Sie stellen das unbedingt notwendige Basiswissen für den juristischen Berater dar, um die lebzeitige Unternehmensnachfolge in ihren typischen Facetten optimal gestalten zu können.
II. Schenkung
1. Schenkungsbegriff
Rz. 160
Der Begriff "Schenkung" wird legaldefiniert in § 516 Abs. 1 BGB. Schenkung ist danach eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, während beide Vertragsteile über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung einig sind. Im Rahmen einer Schenkung ist stets zwischen objektiver und subjektiver Ebene zu unterscheiden: Objektiv muss eine Bereicherung des Empfängers vorliegen, während der Leistungsgeber eine Vermögensminderung hinnimmt. In subjektiver Hinsicht müssen sich Leistungsgeber und Leistungsempfänger über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung einig sein.
Rz. 161
Die Schenkung ist abzugrenzen von anderen unentgeltlichen Zuwendungen unter Lebenden. Hierunter fallen z.B. die Stiftung (§§ 81, 84 BGB: erforderlich ist lediglich eine einseitige rechtsverbindliche Erklärung des Stifters), die Auslobung (§ 657 BGB), die Ausstattung (§ 1624 BGB), das zinslose Geld- und Sachdarlehen (§§ 488 ff., 607 BGB), der Auftrag (§ 662 BGB), die unentgeltliche Verwahrung (§ 688 BGB) und die Leihe (§ 598 BGB). In all diesen Fällen erfolgt im Gegensatz zur Schenkung keine endgültige und dauerhafte Vermögensminderung auf Seiten des Gebers.
a) Entreicherung
Rz. 162
Zuwendung bedeutet die Hingabe eines Vermögensbestandteils von einer Person zur anderen. Mit der Zuwendung muss eine dauerhafte Verminderung der Vermögenssubstanz beim Zuwendungsgeber eintreten. Verbleibt die Vermögenssubstanz beim Geber, liegt keine Schenkung vor. Eine unentgeltliche Gebrauchsüberlassung einer Sache ist deshalb keine Schenkung, sondern Leihe, und zwar selbst dann, wenn sie auf Lebenszeit erfolgt.
Rz. 163
Unerheblich ist, ob Zuwendung und Bereicherung identisch waren. Insbesondere ist nicht erforderlich, dass der Zuwendungsgeber Eigentümer des geschenkten Gegenstands war. In diesen Bereich fallen beispielsweise sog. mittelbare Schenkungen. Bei einer mittelbaren Schenkung wendet der Leistungsgeber den Schenkungsgegenstand nicht unmittelbar aus seinem Vermögen zu. Vielmehr erfolgt die Zuwendung durch Anweisung an den Beschenkten. Bei einer mittelbaren Grundstücksschenkung wendet der Geber dem Empfänger einen bestimmten Geldbetrag zu, mit dem dann eine Immobilie käuflich erworben wird. Im Einzelfall ist dann zu prüfen, ob das Geld oder die Immobilie zugewendet wurde. In diesem Zusammenhang kommt es darauf an, wie groß die Entscheidungsfreiheit des Beschenkten bei der Verwendung des zugewendeten Geldbetrags ist: Je größer der Entscheidungsspielraum, desto wahrscheinlicher ist, dass der Geldbetrag an sich zugewendet wurde.
Werden Geldmittel zweckgebunden zugewendet, z.B. mit der Maßgabe einen KG-Anteil zu erwerben, liegt ebenfalls eine Schenkung vor.
b) Bereicherung
Rz. 164
Beim Zuwendungsempfänger muss eine vermögensmäßige Bereicherung eingetreten sein. Das ist rein objektiv zu beurteilen. Objektiv bereichert ist der Zuwendungsempfänger dann, wenn in materiell-rechtlicher Hinsicht eine dauerhafte und nicht nur vorübergehende oder formale Vermögensmehrung festzustellen ist. Die subjektiven Beweggründe des Zuwendungsgebers spielen für das Vorliegen der Bereicherung keine Rolle. Insbesondere muss der Zuwendungsgeber den Empfänger nicht absichtlich bereichern wollen.
c) Unentgeltlichkeit
Rz. 165
Nach § 516 Abs. 1 BGB müssen die Vertragsparteien darüber einig sein, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt. Zu unterscheiden ist zwischen der objektiven Ebene (Unentgeltlichkeit), der eine subjektive Komponente (das "einig sein") hinzukommen muss. Objektiv unentge...