Julia Roglmeier, Dr. Christopher Riedel
I. Einführung
Rz. 223
Bei der Unternehmensnachfolge geht es um die Übertragung von Unternehmen bzw. von Unternehmensbeteiligungen. Somit stellt sich aus rechtlicher, insbesondere handels- und gesellschaftsrechtlicher Perspektive zunächst die Frage, ob und inwieweit das Unternehmen bzw. die Beteiligung an einer das Unternehmen haltenden Gesellschaft überhaupt übertragbar ist, auf welche Weise die Übertragung vonstattengehen kann und welche weiteren Konsequenzen damit möglicherweise verbunden sind.
Die Kenntnis der grundlegenden handels- und gesellschaftsrechtlichen Vorgaben bzw. Mechanismen ist daher für die Planung und Gestaltung der Unternehmensnachfolge unerlässlich. Die nachfolgende Darstellung dieser Grundsätze beschränkt sich allerdings auf die für die Unternehmensnachfolge, also einen Eigentümerwechsel – unter Lebenden bzw. von Todes wegen – relevanten Gesichtspunkte. Die einzelnen Rechtsformen und ihre jeweiligen Spezifika werden als bekannt vorausgesetzt.
II. Unternehmen als Gegenstand lebzeitiger Übertragungen
Rz. 224
Das Gesetz kennt keine Definition des Begriffs "Unternehmen". Vor diesem Hintergrund ist hinsichtlich der Übertragbarkeit sowie der sich aus einer lebzeitigen Übertragung ergebenden Folgen nach den verschiedenen Organisationsstrukturen bzw. Rechtsformen zu unterscheiden.
1. Übertragung eines Einzelunternehmens
a) Zivilrechtliche Übertragbarkeit
Rz. 225
Träger des Einzelunternehmens ist eine natürliche Person. Deren Vermögen gliedert sich – zivilrechtlich betrachtet – nicht in Privat- bzw. Unternehmensvermögen. Vielmehr bildet das Vermögen insgesamt eine Einheit. Hieraus ergibt sich für eine beabsichtigte Unternehmensübertragung die Vorbedingung, dass das zum Unternehmen gehörende bzw. zur Übertragung anstehende Vermögen eindeutig identifiziert (und möglichst auch katalogisiert) wird, um den Umfang des Unternehmens klar definieren zu können. Zumeist erweist sich hierbei der Rückgriff auf entsprechende Steuerunterlagen, z.B. ein Verzeichnis des Anlagevermögens sowie die Bilanz, als hilfreich. Im Einzelfall sollte jedoch auf eine Überprüfung deren Richtigkeit und Vollständigkeit nicht verzichtet werden. Eine zivilrechtliche Definition des Begriffs "Unternehmen" gibt es nicht; vielmehr wird die Existenz von Unternehmen vorausgesetzt.
Rz. 226
Die Abgrenzung des Unternehmensvermögens vom sonstigen Vermögen sollte dabei zunächst nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen vorgenommen werden: All diejenigen Vermögensgegenstände, die tatsächlich für die unternehmerische Tätigkeit genutzt werden und deren Vorhandensein für das Unternehmen bzw. seinen Fortbestand von wesentlicher Bedeutung ist, gehören de facto zum Unternehmen. Es ist daher unbedingt sicherzustellen, dass sie dem Unternehmen auch nach Abschluss der Unternehmensnachfolge weiterhin zur Nutzung zur Verfügung stehen. Voraussetzung hierfür ist nicht unbedingt eine Eigentumsübertragung, mitunter kann es auch ausreichen, langfristige Vereinbarungen über die – entgeltliche oder unentgeltliche – Nutzung durch das Unternehmen vorzusehen. Soweit es sich aber um steuerliches Sonderbetriebsvermögen handelt, muss in der Regel – zur Vermeidung steuerlicher Nachteile – eine Übertragung auch dieser Gegenstände an den Unternehmensnachfolger angestrebt werden.
Rz. 227
Die genaue Definition des Unternehmens, also des Übertragungsgegenstandes, ist nicht nur deshalb so wichtig, weil sie die Voraussetzung für eine wirksame dingliche Übertragung des Eigentums an den einzelnen Vermögensgegenständen (beim Einzelunternehmen) bildet. Daneben kommt ihr auch entscheidende Bedeutung für die Ermittlung des Unternehmenswerts zu. Denn soweit für das Unternehmen wesentliche Vermögensgegenstände nicht mitübertragen, sondern zukünftig entgeltlich zur Nutzung überlassen werden sollen, hat dies natürlich Auswirkungen auf die zukünftig zu erwartenden Erträge des Unternehmens (diese sind um Miet- bzw. Pachtzahlungen zu mindern). Im Übrigen ist stets zu prüfen, wie sich die Abgrenzung des Unternehmens bzw. die Definition des Übertragungsgegenstandes in steuerlicher Hinsicht auswirkt.
Rz. 228
Ist das Unternehmensvermögen definiert, stellt sich die Frage, ob und inwieweit die einzelnen Vermögensgegenstände übertragbar sind. Denn auch wenn sich das Einzelunternehmen als mehr oder weniger geschlossener Organismus des Wirtschaftslebens darstellen mag, ändert dies nichts daran, dass rechtlich betrachtet ein Konglomerat einzelner Vermögensgegenstände vorliegt. Übertragbarkeit und die Art und Weise einer möglichen Übertragung sind daher für jeden einzelnen Vermögensgegenstand gesondert zu prüfen. Besonderes Augenmerk ist dabei aus juristischer Sicht auf Urheberrechte u.Ä., Gesellschaftsbeteiligungen und Grundstücke bzw. grundstücksgleiche Rechte zu richten.
Rz. 229
Oftmals sind dem Einzelunternehmen – jedenfalls wirtschaftlich – auch Verbindlichkeiten zuzuordnen. Insoweit ist zu beachten, dass Passiva grundsätzlich nicht übertragbar sind. In Betracht kommt daher bestenfalls eine Schuldübernahme durch den Erwerber, die allerdings nur nach Genehmigung durch den jeweiligen Gläubiger (§ 415 Abs. 1 BGB) zu einer Entlassung d...