a) Ausübung von Rechten und Pflichterfüllung im Zusammenhang mit der sozialen Sicherheit und dem Sozialschutz, § 22 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) BDSG-Neu
Rz. 306
Nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) BDSG-Neu ist die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten durch öffentliche und nichtöffentliche Stellen zulässig, wenn sie erforderlich ist, um die aus dem Recht der sozialen Sicherheit und des Sozialschutzes erwachsenden Rechte auszuüben und den diesbezüglichen Pflichten nachzukommen.
Rz. 307
Die Regelung dient der Umsetzung des Art. 9 Abs. 2 lit. b) DSGVO im deutschen Recht und bestätigt die grundsätzliche Zulässigkeit der Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten, soweit dies zur Wahrnehmung von Rechten oder der Erfüllung von Verpflichtungen erforderlich ist, die aus dem Recht der sozialen Sicherheit und des Sozialschutzes erwachsen. Der Ausnahmetatbestand des § 22 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) BDSG-Neu bildet insoweit einen Öffnungstatbestand hin zu bereichsspezifischen Regelungen des deutschen Arbeits- und Sozialrechts.
b) Gesundheitsvorsorge, Beurteilung der Arbeitsfähigkeit, medizinische Diagnostik und Behandlung, § 22 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) DSGVO
Rz. 308
Weiterhin ist die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten durch öffentliche und nichtöffentliche Stellen zulässig, wenn sie zum Zweck der Gesundheitsvorsorge, für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit des Beschäftigten, für die medizinische Diagnostik, die Versorgung oder Behandlung im Gesundheits- oder Sozialbereich oder für die Verwaltung von Systemen und Diensten im Gesundheits- und Sozialbereich oder aufgrund eines Vertrags der betroffenen Person mit einem Angehörigen eines Gesundheitsberufs erforderlich ist und diese Daten von ärztlichem Personal oder durch sonstige Personen, die einer entsprechenden Geheimhaltungspflicht unterliegen, oder unter deren Verantwortung verarbeitet werden.
Rz. 309
Diese Ausnahmevorschrift entspricht im wesentlichen § 13 Abs. 2 Nr. 7 und § 28 Abs. 7 BDSG und setzt Art. 9 Abs. 2 lit. h) DSGVO um. Die Verarbeitung muss entsprechend den hier beschriebenen inhaltlichen Zwecken oder dem bereichsspezifischen Recht erfolgen. Mit der gewählten Formulierung wird klargestellt, dass ein Vertrag zwischen einem Patienten und einem Angehörigen eines Gesundheitsberufs, also der Behandlungsvertrag gemäß §§ 630a ff. BGB, gemeint ist. Daher findet die Regelung im Bereich der Humanmedizin für (Zahn-)Ärzte, Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten Anwendung. Darüber hinaus werden vom Behandlungsvertrag auch Angehörige anderer Heilberufe erfasst, deren Ausbildung nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 des Grundgesetzes durch Bundesgesetz (Hebammen, Masseure und medizinische Bademeister, Ergotherapeuten, Logopäden, Physiotherapeuten u.a.) geregelt ist. Darunter fallen auch Heilpraktiker. Soweit es nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 b) zulässig ist, dass "diese Daten von Fachpersonal oder unter dessen Verantwortung verarbeitet werden und dieses Fachpersonal dem Berufsgeheimnis unterliegt" sind auch die Erfüllungsgehilfen der genannten Gesundheits- und Heilberufe erfasst. Daneben dürfte auch die Verarbeitung durch Private Krankenversicherungen, den MDK sowie der gesetzlichen Krankenkassen umfasst sein, da diese einer der ärztlichen "entsprechenden" Geheimhaltungspflicht unterliegen. Zum Bereich der Verwaltung von Gesundheitsdiensten ist das Abrechnungswesen und die Buchhaltung zu zählen. Obwohl auch im Rahmen der Schwangerschaftskonfliktberatung, der Drogenberatung oder der sonstigen Sozialarbeit regelmäßig besondere Kategorien personenbezogener Daten verarbeitet werden, sind diese Dienstleistungen nicht mit einbezogen.
Rz. 310
Der Bezug von Daten zum Gesundheitsbereich führt für sich gesehen aber noch keine Erlaubnis zur Verwendung der Daten herbei, denn das Gesetz verlangt zudem ausdrücklich die Erforderlichkeit der Datenerhebung.
c) Verarbeitung aus Gründen des öffentlichen Interesses im Bereich der öffentlichen Gesundheit, § 22 Abs. 1 Nr. 1 lit. c) DSGVO
Rz. 311
Weiterhin ist die Verarbeitung zulässig, soweit sie aus Gründen des öffentlichen Interesses im Bereich der öffentlichen Gesundheit, wie des Schutzes vor schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren oder zur Gewährleistung hoher Qualitäts- und Sicherheitsstandards bei der Gesundheitsversorgung und bei Arzneimitteln und Medizinprodukten erforderlich ist.