Rz. 273
Die Weiterverarbeitung soll zulässig sein, wenn sie zur Abwehr von Gefahren für die staatliche oder öffentliche Sicherheit oder zur Verfolgung von Straftaten erforderlich ist und die Interessen der betroffenen Person an dem Ausschluss der Verarbeitung nicht überwiegen. Die Regelung entspricht inhaltlich weitgehend der bisherigen Regelung in § 28 Abs. 2 Nr. 2 lit. b) BDSG. Die Weiterverarbeitungsrechtfertigung in § 24 Abs. 1 Nr. 1 BDSG dürfte insbesondere die weiterverarbeitende Offenlegung durch Übermittlung (§ 2 Rdn 54) an staatliche Behörden durch den Verantwortlichen betreffen. Strafverfolgungs- und sonstige öffentliche Behörden sind in diesem Zusammenhang auf das Vorliegen eines konkreten Auskunftsanspruches angewiesen, wenn sie sich zum Zwecke der Ermittlung personenbezogener Daten an private Stellen wenden. Derartige Auskunftsansprüche sind für die Staatsanwaltschaften in der StPO (vgl. § 98 StPO), für die Steuerbehörden in der Abgabenordnung (vgl. § 93 AO) geregelt.
Rz. 274
Auch das öffentliche Interesse an der Reinhaltung und Aufrechterhaltung der Vertrauenswürdigkeit der Beamtenschaft stellt ein berechtigtes Interesse i.S.d. § 24 Abs. 1 Nr. 1 BDSG-Neu dar. Die dienstrechtlichen Belange verdienen grundsätzlich keinen geringeren Schutz als das öffentliche Interesse daran, strafrechtlich relevante Handlungen (z.B. im Rahmen von Internet-Auktionen) durch die Weitergabe von Daten, die geeignet sind, allein oder im Zusammenhang mit anderen Tatsachen den Nachweis einer Straftat zuzulassen, zu ermöglichen. Die Disziplinarbefugnis des Dienstherrn darf nicht schon deshalb leer laufen oder auch nur schwere Einbußen erleiden, weil die für das Disziplinarverfahren zuständigen Stellen infolge einer strikten Wahrung des Datenschutzes durch die verantwortliche Stelle sonst von wesentlichen Informationen über Dienstvergehen ihrer Beamten abgeschnitten wären. Auch im Rahmen des § 24 Abs. 1 Nr. 1 BDSG-Neu ist das Interesse des Dienstherrn an der Reinhaltung und Aufrechterhaltung der Vertrauenswürdigkeit der Beamtenschaft mit dem Recht des betroffenen Beamten und der Beteiligten auf informationelle Selbstbestimmung abzuwägen. Vor diesem Hintergrund ist bei der Abfrage von personenbezogenen Daten im Rahmen von Disziplinarermittlungen mit Blick auf die in § 24 Abs. 1 Nr. 1 BDSG ausdrücklich als Zulässigkeitsgrund angegebene Strafverfolgung in erster Linie darauf abzustellen, ob die Vorgänge, deren disziplinare Überprüfung in Rede stehen, ihrer Art nach oder aus Gründen des Einzelfalles von erheblichem Gewicht sind. Dieses Gewicht muss eine nähere dienstrechtliche Prüfung der zugrunde liegenden Informationen grundsätzlich als unabweisbar erscheinen lassen. Von Letzterem ist in der Regel auszugehen, wenn für die Disziplinarbehörde auf der Grundlage einer vorläufigen Bewertung die dem Datenschutz unterliegenden Informationen generell geeignet sein könnten, eine im Disziplinarverfahren zu verhängende Maßnahme von erheblichem Gewicht zu tragen. Von derartigem Gewicht ist jedenfalls bei Ermittlungen wegen vermeintlichen Ordnungswidrigkeiten nicht auszugehen.