Rz. 134
Nach Art. 6 Abs. 1 lit. b) DSGVO ist die Verarbeitung personenbezogener Daten des Betroffenen zulässig, soweit die Verarbeitung für die Erfüllung eines Vertrags erforderlich ist, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist. Dies gilt ebenso für die Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen, die auf Anfrage der betroffenen Person erfolgen. Diese Ermächtigungsgrundlage findet sich wortgleich bereits in Art. 7 lit. b) der Datenschutzrichtlinie und beinhaltet insoweit inhaltlich auf europäischer Ebene keine Neuerung. Mit Blick auf die bisherige nationalstaatliche Umsetzung in § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG ergibt sich – jedenfalls auf den ersten Blick – eine Änderung. So sieht die deutsche Umsetzungsnorm die Verarbeitung personenbezogener Daten für eigene Geschäftszwecke als zulässig an, wenn es für die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses mit dem Betroffenen erforderlich ist. Es geht hier also nicht nur "um die Erfüllung" eines Vertrages, sondern auch um seine Begründung und/oder Beendigung. Ein rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis kann zwar auch durch die "Anbahnung eines Vertrags" entstehen, aber auch durch in der Aufnahme von Vertragsverhandlungen und ähnlichen geschäftlichen Kontakten begründet sein. Vom Erlaubnistatbestand des § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BDSG waren auch "nachvertragliche Rechtsbeziehungen" mit hieraus resultierenden nachwirkenden Rechten und Pflichten umfasst, aber auch "mitgliedschaftliche Beziehungen", beispielsweise als Aktionär, als Genosse, innerhalb von Arbeitgeberverbänden oder als Vereinsmitglied. Ebenso waren nichtige oder anfechtbare Verträge und von einigen sogar durch Geschäftsführung ohne Auftrag begründete Parteibeziehungen sowie Verbindungen im Zusammenhang mit Gefälligkeitsverhältnissen vom Begriff des rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses und damit vom Anwendungsbereich der hierauf bezogen Erlaubnisnorm zur Datenverarbeitung nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 BDSG umfasst.
I. Vertrag
Rz. 135
Fraglich ist insoweit, ob mit der einschränkenden Formulierung in Art. 6 Abs. 1 lit b) DSGVO eine Einschränkung des grundsätzlichen Anwendungsbereiches der Datenverarbeitung "im Zusammenhang" mit rechtsgeschäftlichen und/oder rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnissen verbunden ist. Die Erwägungsgründe der Verordnung geben hierüber ebenso wenig Aufschluss, wie selbige in der Datenschutzrichtlinie. Auch in der Rechtsprechung des EuGH oder den bisherigen Stellungnahmen der Art. 29-Datenschutzgruppe hat die Befugnis zur Datenverarbeitung nach Art. 7 lit. b) der Datenschutzrichtlinie bislang keine nähere Konkretisierung erfahren.
Rz. 136
Unstreitig vom Wortlaut der Regelung in Art. 6 Abs. 1 lit b) DSGVO umfasst sind – auch zukünftig – sämtliche rechtswirksame rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse mit dem Betroffenem i.S.v. § 311 Abs. 1 BGB und zwar unabhängig davon, ob der Verantwortliche seinerseits Vertragspartner eines solchen Vertragsverhältnisses ist. Grundsätzlich fallen auch Verarbeitungen personenbezogener Daten durch außerhalb des Vertragsverhältnisses stehende Dritte unter die Erlaubnisnorm des Art. 6 Abs. 1 lit. b) DSGVO, solange und soweit diese Verarbeitungen "für die Erfüllung" (siehe Rdn 145) eines Vertrages mit dem Betroffenen "erforderlich" (siehe Rdn 146) sind (z.B. im Zusammenhang mit der Aufgabenerfüllung eines Inkassounternehmens oder auch des WEG-Verwalters (gegenüber Mietern).
Rz. 137
Ebenso unstreitig kann auch die Datenverarbeitung im Zusammenhang mit der Vertragsanbahnung weiterhin der Erlaubnisnorm unterfallen, soweit sie "auf Veranlassung" (= Anfrage) des Betroffenen erfolgte, etwa für die Erstellung von Vertragsangeboten und Kostenvoranschlägen auf Nachfrage oder Veranlassung des Betroffenen.
R...