Rz. 358
Dies gilt nach § 37 Abs. 1 Nr. 2 BDSG–Neu nicht, wenn die Entscheidung auf der Anwendung verbindlicher Entgeltregelungen für Heilbehandlungen beruht und der Verantwortliche für den Fall, dass dem Antrag nicht vollumfänglich stattgegeben wird, angemessene Maßnahmen zur Wahrung der berechtigten Interessen der betroffenen Person trifft, wozu mindestens das Recht auf Erwirkung des Eingreifens einer Person seitens des Verantwortlichen, auf Darlegung des eigenen Standpunktes und auf Anfechtung der Entscheidung zählt, worüber der Verantwortliche die betroffene Person spätestens im Zeitpunkt der Mitteilung, aus der sich ergibt, dass dem Antrag der betroffenen Person nicht vollumfänglich stattgegeben wird, zu informieren hat.
Rz. 359
Die Regelung in § 37 Abs. 2 Nr. 2 BDSG-Neu erfordert, dass sich die Entscheidung auf die Erstattung von Heilbehandlungskosten stützt, die auf der Anwendung verbindlicher Entgeltregelungen für Heilbehandlungen beruhen. Als solche kommen die Gebührenordnung für Ärzte (GoÄ), die Gebührenordnung für Zahnärzte (GoZ), die Gebührenordnung für Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (GOP) oder auch die DRG-Fallpauschalen für Krankenhausabrechnungen in Betracht, nicht jedoch die BEB Zahntechnik.
Rz. 360
Das in § 37 Abs. 1 Nr. 2 BDSG-Neu normierte Recht des Betroffenen, im Fall der automatisierten vollständigen oder teilweisen Leistungsablehnung das Eingreifen einer Person seitens des Verantwortlichen zu verlangen, begegnet der Gefahr, dass eine automatisierte Antragsbearbeitung den Umständen des Einzelfalls nicht immer gerecht wird, zumal die Zuordnung zu einzelnen Gebührentatbeständen der Gebührenordnungen nicht immer zweifelsfrei ist. Daher ist es zum Schutz der Belange der Versicherten geboten, sie bei Ablehnung eines Leistungsantrags ausdrücklich darüber zu informieren, dass die Antragsbearbeitung ausschließlich automatisiert erfolgte.
Rz. 361
Die Information über eine (auch teilweise) Ablehnung eines Leistungsbegehrens muss – auch wenn dies in § 37 Abs. 1 Nr. 2 BDSG-Neu keine gesonderte Erwähnung findet, die allgemeinen Anforderungen des Art. 12 DSGVO erfüllen und insoweit in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache erfolgen. Die Information darf nicht in anderen Informationen untergehen, sondern muss vielmehr für die betroffene Person auch bei nur flüchtiger Befassung mit der Mitteilung leicht zu finden sein.
Rz. 362
Die Information ist der betroffenen Person nach dem Wortlaut des Gesetzes "spätestens" im Zeitpunkt der Mitteilung über die Leistungsablehnung zu übermitteln. Theoretisch könnte die Information grundsätzlich auch bereits im Rahmen allgemeiner Vertragsinformationen erteilt werden, muss also nicht zwingend zusammen mit jeder Leistungsablehnung erfolgen. Fraglich ist jedoch, ob eine lediglich in den AGB bei Vertragsschluss erteilte Information den Anforderungen des Art. 12 DSGVO gerecht werden kann oder zumindest eine Erstinformation nach Vertragsschluss im Rahmen der ersten Leistungsabrechnung gefordert werden muss. Soweit die Möglichkeit der Einreichung von Leistungsanträgen über Apps gewährt wird, bestünde zudem die Möglichkeit, direkt innerhalb einer solchen App auf den Umstand, dass die Anträge automatisiert verarbeitet und beschieden werden hinzuweisen. Soweit innerhalb der Privaten Krankenversicherung nicht ausschließlich automatisiert entschieden wird, wird man unter dem Gesichtspunkt der Einhaltung angemessener Maßnahmen zur Wahrung der berechtigten Interessen der betroffenen Person im Ergebnis wohl eine Information im Rahmen jeder einzelnen Leistungsablehnung, die auf einer automatisierten Entscheidung im Einzelfall beruht, bestehen müssen, da die betroffene Person sonst der irrigen Annahme sein könnte, ihr Leistungsantrag sei ggf. bereits durch eine Person und nicht lediglich "durch eine Maschine" überprüft worden. Fehlt es der betroffenen Person insoweit an Sicherheit über den konkreten Ablauf einer Leistungsentscheidung des Versicherungsunternehmens kann er sein Recht, das Eingreifen einer Person seitens des Verantwortlichen zu verlangen, nicht wirksam ausüben.