Rz. 341
Scoring ist ein mathematisch-statistisches Verfahren, mit dem die Wahrscheinlichkeit, mit der eine bestimmte Person ein bestimmtes Verhalten zeigen wird, berechnet werden kann. Diese Wahrscheinlichkeit wird durch den so genannten Scorewert (von engl. to score – punkten, score – Punktestand) angegeben. Vorwiegend werden Scoringverfahren zur Berechnung der Wahrscheinlichkeit des Zahlungsverhaltens und damit zur Ermittlung der Kreditwürdigkeit einer Person benutzt und in der Kreditwirtschaft eingesetzt (sog. Kreditscoring). Ein Kreditscore ist ein Zahlenwert auf Basis einer statistischen Analyse, der die Kreditwürdigkeit einer Person repräsentiert. Mit Kreditscoring versuchen Unternehmen die Kreditwürdigkeit von Kunden oder Partnerunternehmen nach einem vorgegebenen Verfahren mehr oder weniger automatisiert zu ermitteln.
Rz. 342
Auf Basis von Kreditnehmer-Merkmalen wie
▪ |
"Kunde seit", |
▪ |
"Wohnort", |
▪ |
"Beruf", |
▪ |
"Sicherheiten", |
▪ |
"Alter", |
▪ |
"Geschlecht", |
▪ |
"Arbeitgeber", |
▪ |
"Familienstand", |
▪ |
"Kontoführung im eigenen Haus", |
▪ |
etc. |
werden Punkte vergeben, diese gewichtet und dann zu einer einzelnen Bonitäts-Note zusammengefasst, um mit diesem Gesamtscore die Kreditvergabe zu erleichtern. Ist die Bonität ausreichend, kann ein Kredit gewährt werden. Scores können allerdings nicht nur zur Kreditentscheidung an sich, sondern auch zur Festlegung von Zinssätzen und Kreditlinien dienen. Motivation ist es, Risiken zu vermeiden und auf Basis einer statistisch unterfütterten Methode objektivierte Entscheidungen zu erhalten. Je besser das zugrunde liegende Scoring-Modell die Wirklichkeit abbildet, desto weniger Kreditausfälle wird es geben. Kreditscoring wird daher von Kreditinstituten angewendet, um eine Risikoklassifizierung für private standardisierte Ratenkredite und Kleinkredite durchzuführen. Derartige Kredite werden üblicherweise ohne Sicherheit vergeben; es wird ausschließlich auf die persönliche Bonität des oder der Kreditnehmer abgestellt.
Rz. 343
Die SCHUFA bietet ihren Kunden bereits seit 1997 zusammen mit der Bonitätsauskunft über einzelne Verbraucher einen Scorewert auf Basis der bei ihr gespeicherten Daten an. Dieser wird in Zahlen von 1 bis 1.000 ausgedrückt. Je niedriger der Wert, desto größer die Ausfallwahrscheinlichkeit. Der Score-Wert ist abhängig vom Zweck, für den er angefragt wird – so erhalten beispielsweise Versicherungen andere Scorewerte als Mobilfunkanbieter.
Rz. 344
Die konkreten Regeln und Algorithmen einer Punktevergabe und -gewichtung werden "Scorekarte" genannt. Es gibt verschiedene Techniken, um geeignete Scorekarten zu entwickeln, die im Einzelnen Geschäftsgeheimnisse darstellen. Die hierdurch für den Betroffenen bestehende Intransparenz ist offensichtlich, weil Scoreverfahren zu unbilligen Ergebnissen führen können. So wurde Anfang Januar 2011 über einen Fall eines Mannes aus Berlin-Neukölln berichtet, der bei einem Telekommunikationsanbieter kein Kunde werden konnte. Auf seine daraufhin eingeholten Auskunftsverlangen gegenüber einigen Auskunfteien erhielt er von einer die Information, dass über ihn neben seinem Vor- und Nachnamen, seiner aktuellen Anschrift und seinem Geburtsdaten keine weiteren personenbezogenen Daten, insbesondere nicht solche, die sein Zahlungsverhalten betreffen, gespeichert würden. Dennoch wurde dem Kunden mitgeteilt, dass sein Telekommunikations-Score 417 betrage. Der niedrigste erreichbare Score-Wert der Auskunft beträgt 275, der höchste erreichbare Score-Wert beträgt 618 Punkte. Die Erfüllungswahrscheinlichkeit lag bei einem Score-Wert von 417 bei 67 %. Die Auskunft teilte dem betroffenen Kunden mit, dass der Durchschnitt bei 91,5 % läge, lediglich 5,9 % der Gesamtbevölkerung erreichten einen niedrigeren Score-Wert als die vorgenannte Prozentgröße. Weiterhin wurde dem Kunden mitgeteilt, dass zur Berechnung seines Score-Wertes u.a. seine Anschrift, allgemeine Daten (Zahlungsverhalten in seinem Wohnumfeld, Auswertung von Eintragungen in öffentliche Register, Daten aus amtlichen Statistiken), Daten zu seiner Person, seinem Geschlecht, seinem Alter und seiner Wohnsituation (Gebäudedaten) herangezogen würden.
Rz. 345
Das sogenannte Geo-Scoring, eine besondere Methode der Ermittlung der Kreditwürdigkeit von Kunden, orientiert sich anhand des Wohnortes. Beim Geo-Scoring geht es nicht um die individuellen Merkmale des Kunden und seiner persönlichen Zahlungsfähigkeit, sodass ein Personenbezug dieser Daten grundsätzlich zunächst nicht besteht. Beim Geo-Scoring wird vielmehr geprüft, ob Nachbarn ihre Kredite und Rechnungen bezahlen, um Rückschlüsse auf die jeweilige Kreditwürdigkeit zu ziehen. Die Logik dahinter ist, dass die Bewohner einer Wohngegend häufig eine ähnliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit besitzen und das "Risiko" für alle Bewohner höher eingestuft wird, unabhängig von der tatsächlichen Situation. Vor allem Versandhändler und solche Unternehmen, die im elektronischen Lastschrifteinzug Forderungen zu realisieren suchen, nutzen das Geo-Scoring, um Z...