Rz. 282
Nach Art. 9 Abs. 2 lit b) DSGVO ist die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten zudem zulässig, wenn sie erforderlich ist, damit der Verantwortliche oder die betroffene Person die ihm bzw. ihr aus dem Arbeitsrecht und dem Recht der sozialen Sicherheit und des Sozialschutzes erwachsenden Rechte ausüben und seinen bzw. ihren diesbezüglichen Pflichten nachkommen kann und dies nach Unionsrecht oder dem Recht der Mitgliedstaaten oder einer Kollektivvereinbarung nach dem Recht der Mitgliedstaaten zulässig ist. Unter einer Kollektivvereinbarung ist auch eine Betriebsvereinbarung zu verstehen.
Rz. 283
Art. 9 Abs. 2 lit. b) DSGVO ist keine eigenständige "Ermächtigungsgrundlage". Seine Anwendung erfordert vielmehr eine solche im Unionsrecht oder im Recht der Mitgliedstaaten, die ihrerseits den Anforderungen des Art. 23 Abs. 2 DSGVO entsprechen muss.
Rz. 284
Verarbeitungsbefugnisse im Arbeitsverhältnis können sich für Deutschland aus § 5 Abs. 1 MuSchG ergeben, wonach die Arbeitnehmerin dem Arbeitgeber eine Schwangerschaft mitteilen soll, was sich – z.B. bei Betrieben mit einer erhöhten Gefahrenlage für das ungeborene Leben – auch zu einer Rechtspflicht (Stichwort: "Beschäftigungsverbot") verdichten kann. Weiterhin ist der Arbeitnehmer, der aus Krankheitsgründen nicht arbeitsfähig ist, verpflichtet, seinem Arbeitgeber Mitteilung zu machen und eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen, aus der sich die Tatsache der Erkrankung und ihre zunächst vorauszusehende Dauer ergibt. Ein Anspruch auf Einsichtnahme in die Krankenunterlagen besteht nicht. Weiterhin gestattet § 69 Abs. 4 SGB X den Krankenkassen, dem Arbeitgeber mitzuteilen, ob die Fortdauer einer Arbeitsunfähigkeit oder eine erneute Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers auf derselben Krankheit beruht (vgl. § 3 Abs. 1 S. 2 EFZG), was ebenso eine Verarbeitungsbefugnis für eben diese Gesundheitsinformation umfasst. Der Arbeitnehmer kann zudem aufgrund einer tarifvertragsrechtlichen Regelung zur Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung oder bei gefahrgeneigter Arbeit sogar zur Teilnahme an Drogen- oder Alkoholtests verpflichtet sein. Aus dem Recht der Sozialen Sicherheit ist § 84 Abs. 2 SGB IX und die hier normierten Verpflichtungen und Berechtigungen im Zusammenhang mit Maßnahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) zu nennen. Die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses kann auch die Verarbeitung von Daten zur Beurteilung der Arbeitsfähigkeit einschließen.