Philipp Schlemmer, Dr. Gabriele Bruchmann
I. Rechtliche Grundlagen
1. Anspruchsvoraussetzungen
Rz. 9
§ 650e BGB gewährt dem Unternehmer für seine Forderungen aus dem Vertrag einen schuldrechtlichen Anspruch auf Einräumung einer Sicherungshypothek am Baugrundstück des Bestellers:
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Anspruchsteller ist "Unternehmer" |
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Anspruchsgegner ist Eigentümer des als Sicherungsobjekt dienenden Baugrundstücks |
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Wirksamer Werkvertrag |
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Anspruchsteller hat mit der Leistungserbringung bereits begonnen (Absicherung des Vorleistungsrisikos) |
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§ 650e BGB wurde zwischen den Parteien nicht wirksam abbedungen (§ 650e BGB ist dispositiv) |
2. Vor- und Nachteile
Rz. 10
Da mit § 650e BGB das Vorleistungsrisiko des Unternehmers abgesichert werden soll, setzt der Anspruch immer voraus, dass der Unternehmer tatsächlich schon (ungesichert) in Vorleistung getreten ist. Damit kann der Unternehmer nicht – wie bei § 650f BGB (siehe Rdn 64 ff.) – die von ihm erst noch zu erbringende Leistung absichern. Ist das Grundstück des Bestellers zum Zeitpunkt des Baubeginns bereits mit vorrangigen Sicherheiten belastet (z.B. durch die finanzierende Bank oder beim Kauf vom Bauträger durch Auflassungsvormerkungen zugunsten von Erwerbern), wird eine Befriedigung aus der Bauhandwerkersicherungshypothek i.d.R. verhindert.
Rz. 11
Letztlich hat die Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek daher oft nur insoweit Bedeutung, als sie als Druckmittel gegenüber einem Besteller dient, der z.B. im Rahmen eines Bauträgervertrages lastenfreies Eigentum übertragen muss.
Rz. 12
Insgesamt lassen sich die Vor- und Nachteile des § 650e BGB wie folgt zusammenfassen:
a) Vorteile des § 650e BGB
Rz. 13
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Werthaltige Sicherheit (Belastung eines Baugrundstücks des Bestellers) |
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Einseitige Durchsetzbarkeit im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes |
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Möglichkeit der vorrangigen Sicherheit bei rechtzeitiger Geltendmachung |
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Druckmittel auf den Besteller, da Sicherheit zur Einschränkung der Verkehrsfähigkeit des Grundstückes führt und sich faktisch als Grundbuchsperre auswirkt (insbesondere bei Verpflichtung des Bauträgers zur lastenfreien Eigentumsübertragung oder Verpflichtung zur vorrangigen Belastung von Finanzierungsgläubigern) |
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Möglichkeit, von einem vorrangig gesicherten Grundpfandgläubiger Zahlungen für die Freigabe der Sicherungshypothek zwecks freihändiger Verwertung zu erhalten |
b) Nachteile des § 650e BGB
Rz. 14
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Anspruchsentstehung erst nach (i.d.R. ungesicherter) Vorleistung durch den Unternehmer |
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Anspruch nur bei unmittelbarer werkvertraglicher Beziehung zum Besteller |
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Anspruch nur bei Personenidentität des Bestellers und Eigentümers |
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Belastung des Baugrundstücks ist regelmäßig schon zum Zeitpunkt des Baubeginns gegeben (z.B. durch die finanzierende Bank oder bei Bauträgern im Laufe des Baufortschritts durch Auflassungsvormerkungen zugunsten von Erwerbern), sodass eine Befriedigung aus der Sicherungshypothek verhindert wird |
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Manipulationsgefahr durch den Besteller bei Eintragung vorrangiger Belastungen und Verfügungen über das Baugrundstück |
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Eingeschränkte Insolvenzbeständigkeit wegen Rückschlagsperre i.S.v. § 88 InsO und Anfechtungsrecht gem. §§ 129 InsO |
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Möglichkeit der individualvertraglichen Abbedingung des Sicherungsrechts |
II. Anwendbarkeit auch auf den VOB/B-Vertrag
Rz. 15
Die VOB/B sieht keine Möglichkeit zur Sicherung der Ansprüche des Unternehmers vor, da § 16 VOB/B lediglich die Erfüllung der Zahlungspflichten des Bestellers und § 17 VOB/B nur diejenigen Sicherheiten regelt, die vom Unternehmer zugunsten des Bestellers zu stellen sind. Insoweit berührt die VOB/B die gesetzliche Möglichkeit zur Sicherung der Ansprüche des Unternehmers nicht, sodass § 650e BGB auch auf einen VOB/B-Bauvertrag anwendbar ist.
III. Ausschluss von § 650e BGB
Rz. 16
§ 650e BGB ist dispositiv und kann daher durch die Bauvertragsparteien abbedungen werden. Dies geschieht oft schon bei Erteilung des Bauauftrages, da der Besteller zu diesem Zeitpunkt eine stärkere Verhandlungsmacht besitzt:
Rz. 17
Ein individualvertraglich vereinbarter Ausschluss kann sich entweder auf die komplette Anwendung des § 650e BGB beziehen, oder aber auf eine Einschränkung der Rechte aus § 650e BGB. Insgesamt ist ein individualvertraglicher Ausschluss aber nur dann wirksam, wenn nachträglich keine wesentliche Verschlechterung in den Vermögensverhältnissen des Bestellers eintritt oder arglistiges Verhalten des Bestellers nachgewiesen werden kann.
Rz. 18
In Allgemeinen Geschäftsbedingungen dagegen ist ein Ausschluss des § 650e BGB i.d.R. unwirksam, da zum Nachteil des Unternehmers in das Leitbild des Werkvertragsrechts eingegriffen wird. Etwas anderes kann gegebenenfalls dann gelten, wenn dem Unternehmer eine andere angemessene Sicherheit wie z.B. die Hinterlegung von Geld oder Wertpapieren oder eine Bankbürgschaft eingeräumt wird. Dagegen kann jedoch allein die Möglichkeit, eine Sich...