Philipp Schlemmer, Dr. Gabriele Bruchmann
I. Vereinbarung von Sicherheitsleistungen (Sicherungsabrede)
Rz. 122
Im BGB selbst ist keine gesetzliche Verpflichtung zur Stellung von Sicherheitsleistungen zugunsten von Bauvertragsparteien geregelt. Eine solche Verpflichtung besteht nur dort, wo dies zwischen den Parteien ausdrücklich vereinbart wurde. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 232 Abs. 1 S. 1. Hs. 1 BGB ("Wer Sicherheit zu leisten hat").
Rz. 123
Auch im VOB/B-Vertrag stellt § 17 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B ausdrücklich darauf ab, dass "eine Sicherheitsleistung vereinbart" ist. Allein die Vereinbarung der VOB/B begründet somit noch keinen Anspruch auf Leistung einer Sicherheit.
Rz. 124
Soweit dies am Markt durchsetzbar ist, sollten sich die Bauvertragsparteien daher stets um zusätzliche vertragliche Sicherheitsleistungen bemühen.
1. Einfache Sicherungsabrede
Rz. 125
Der Inhalt der Sicherheit wird regelmäßig im Bauvertrag durch die vertragliche Sicherungsabrede getroffen, dies meist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Die Sicherungsabrede legt fest, welche Risiken bzw. Ansprüche abgesichert sein sollen. Fehlt es an einer Konkretisierung in Bezug auf den Sicherungszweck, weil z.B. nur die Art der Sicherheitsleistung (z.B. Bezeichnung als Vertragserfülllungs- oder Gewährleistungsbürgschaft) festgelegt wird, ohne sonstige Details wie Sicherungszweck, Höhe der Sicherheitsleistung, Sicherungsfall, Rückgabe der Bürgschaft etc. zu regeln, spricht man auch von einer "einfachen Sicherungsabrede".
2. Qualifizierte Sicherungsabrede
Rz. 126
Die "qualifizierte Sicherungsabrede" dagegen hat zum Inhalt, dass eine Sicherheit für einen bestimmten Sicherungszweck, in bestimmter Höhe, in einer bestimmten Art (siehe Rdn 128 ff.) und zu einem bestimmten Zeitpunkt (sog. Sicherungsfall) zu leisten ist. Der Sicherungsfall tritt ein, wenn der Sicherungsnehmer berechtigt ist, die Sicherheit zu verwerten. Daneben sollte in der Sicherungsabrede geregelt werden, wann die Sicherheit zu leisten und wieder zurückzugeben ist (vgl. Rdn 182).
Rz. 127
Die Sicherungsabrede sollte sich immer innerhalb der durch die Rechtsprechung gezogenen AGB-rechtlichen Grenzen halten, da eine unwirksame Sicherungsabrede in Allgemeinen Geschäftsbedingungen dazu führt, dass diese ersatzlos entfällt und der Bürgschaftsgläubiger keine Sicherheit zu stellen hat. Eine aufgrund einer AGB-widrigen Klausel gestellte Sicherheit ist gem. §§ 818 ff. BGB zurückzugeben.
II. Arten der Sicherheitsleistung
Rz. 128
Beim Bauvertrag auf der Basis des BGB nennt § 232 Abs. 1 BGB die zulässigen Arten der Sicherheitsleistung, die dann einschlägig sind, wenn die Bauvertragsparteien nichts anderes vereinbart haben. Fehlt eine konkrete Regelung, haben die Vertragsparteien die freie Wahl zwischen einer Sicherheitsleistung
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durch Hinterlegung von Geld oder Wertpapieren, |
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durch Verpfändung von Forderungen, beweglichen Sachen oder Grundschulden/Rentenschulden |
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durch Bestellung von Hypotheken. |
Rz. 129
Nur dann, wenn eine Sicherheit nicht auf eine der in § 232 Abs. 1 BGB genannten Weisen geleistet werden kann, kann nach § 232 Abs. 2 BGB hilfsweise die Stellung eines tauglichen Bürgen erfolgen. In der baurechtlichen Praxis ist aber letztlich nur die in § 232 Abs. 2 BGB aufgeführte Sicherheitsleistung durch Bürgschaft von Belang.
Rz. 130
Beim VOB/B-Bauvertrag gelten ebenfalls die §§ 232–240 BGB, wenn Sicherheitsleistung vereinbart wurde, dies aber nur, soweit sich nicht aus § 17 VOB/B etwas anderes ergibt (§ 17 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B). Ist im Bauvertrag keine bestimmte Sicherheitsart vereinbart, kann Sicherheit nur durch Einbehalt oder Hinterlegung von Geld oder durch eine Bürgschaft geleistet werden (§ 17 Abs. 2 VOB/B). Damit werden die Bauvertragsparteien auf diese drei aufgezeigten Möglichkeiten der Sicherheitsleistung festgelegt, da die Baupraxis gezeigt hat, dass andere Arten von Sicherheitsleistungen bei der Abwicklung von Bauverträgen i.d.R. nicht vereinbart werden. Die drei Sicherungsmittel stehen – entgegen der gesetzlichen Regelung in § 232 BGB – gleichwertig und wahlweise nebeneinander. Gem. § 17 Abs. 3 VOB/B hat der Unternehmer das Wahl- und Austauschrecht, d.h. er kann wählen, in welcher Form er Sicherheit leistet, und er kann eine geleistete Sicherheit durch eine andere ersetzen. Dieses Wahl- und Austauschrecht kann vertraglich eingeschränkt werden. Diesbezüglich sind aber auch die AGB-rechtlichen Grenzen zu berücksichtigen.
1. Sicherheit durch Einbehalt
Rz. 131
Im Fall eines zwischen den Parteien vereinbarten Si...