Christoph Teichmann, Ralf Knaier
Rz. 91
Für die grundlegende Frage, welche Rechtsträger für einen grenzüberschreitenden Formwechsel in Betracht kommen ist unter Achtung der beteiligten Rechtsordnungen eine Beurteilung anhand der Unterschiede eines Hineinformwechsels in eine Rechtsordnung (Gesellschaft neuer Rechtsform) und eines Herausformwechsels aus einer Rechtsordnung (formwechselnde Gesellschaft) vorzunehmen.
a) Hineinformwechsel nach Deutschland
Rz. 92
Aus deutscher Sicht ist bei einem Hineinformwechsel nach Deutschland die Einschränkung zu beachten, dass nur solche ausländischen Rechtsformen als Ausgangsrechtsform in Betracht kommen, die gem. § 191 Abs. 1 UmwG analog den dort genannten Rechtsträgern ihrer Rechtsnatur nach gleichzustellen sind. Jedenfalls erfasst sind alle Kapitalgesellschaften nach Art. 119 Nr. 1 Gesellschaftsrechts-RL (früher Art. 2 Nr. 1 RL 2005/56/EG), die in Anhang II Gesellschaftsrechts-RL (früher Art. 1 der Publizitäts-RL 2009/101/EG) aufgezählt werden.
Rz. 93
Als Zielrechtsform kommen in Deutschland abschließend nur die in § 191 Abs. 2 UmwG genannten Rechtsträger in Betracht. Hierunter fällt neben der regulären GmbH jedoch nicht die UG (haftungsbeschränkt) als GmbH-Rechtsformvariante, da diesbezüglich das Sacheinlageverbot nach § 5a Abs. 2 S. 2 GmbHG entgegensteht. Eine Erweiterung ist auch aufgrund der Niederlassungsfreiheit nicht geboten, da diese in Ansehung des Äquivalenzgrundsatzes nur vorgibt, grenzüberschreitende Sachverhalte nicht schlechter zu behandeln als rein inländische, aber keineswegs die Schaffung neuer, im nationalen Recht gar nicht vorgesehener Möglichkeiten gebietet. Ein rechtsformkongruenter Formwechsel in eine deutsche Gesellschaftsform, die der ausländischen entspricht, liegt besonders nahe und war in den bislang bekannt gewordenen Fällen die Regel.
Rz. 94
Aus Gründen eines vom Gesetzgeber unter Hinweis auf die SCE genannten mangelnden Bedürfnisses nach grenzüberschreitenden Verschmelzungen von Genossenschaften sah er für diese keine Möglichkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung vor, § 122b Abs. 2 UmwG. Ein mangelndes Bedürfnis für einen grenzüberschreitenden Formwechsel auf eine Genossenschaft ist indes angesichts der SCE nicht erkennbar. Die Möglichkeit mit einer SCE in der EU grenzüberschreitenden tätig zu sein schließt gerade nicht aus, dass ein Unternehmen ausländischer Rechtsform in Deutschland in Form einer eingetragenen Genossenschaft tätig werden möchte. Dieser Gedanke lässt sich auch aus der Einbeziehung der eG in die möglichen Rechtsträger neuer Rechtsform bei einem innerstaatlichen Formwechsel nach § 191 Abs. 2 Nr. 4 UmwG stützen. Berücksichtigt man dies, werden für einen grenzüberschreitenden Hineinformwechsel – konform mit dem Willen des Gesetzgebers – wohl auch alle Genossenschaften in Frage kommen, die für die Gründung einer SCE nach Art. 2 Abs. 1 Spiegelstrich 4 und 5 VO (EG) Nr. 1435/2003 in Frage kommen.
Rz. 95
Für Personengesellschaften ist § 191 Abs. 1 Nr. 1 UmwG zu beachten, sodass sich die Frage nach dem Erfordernis des Betriebs eines Handelsgewerbes und der Eintragung in ein ausländisches Register stellt. Sachgerecht und unionsrechtskonform erscheint es, nur diejenigen Gesellschaften auszuschließen, die einer Innen-GbR entsprechen oder rein karitative bzw. kulturelle Zwecke verfolgen, nachdem auch im deutschen Recht für den Status einer OHG nicht mehr zwingend ein Handelsgewerbe betrieben werden muss.
Rz. 96
Ob zum Zeitpunkt des Verlegungsbeschlusses der umwandlungsfähige Rechtsträger noch besteht, ist entgegen den allgemeinen Voraussetzungen des deutschen Rechts aufgrund der Niederlassungsfreiheit ausnahmsweise nicht entscheidend. Dieses Verständnis kann jedoch nur in den Fällen durchgreifen, in denen der Rechtsträger lediglich aufgrund einer Löschung im ausländischen Register nicht mehr besteht, die auf Grundlage der Verlegung des Satzungssitzes ins Ausland vorgenommen wurde. Diese Annahme dürfte auch dem Verständnis des EuGH von der Reichweite der Niederlassungsfreiheit, wie es in der Polbud-Entscheidung zum Ausdruck kommt entsprechen. Der Gerichtshof sah es für die Ausübung der Niederlassungsfreiheit nicht als Hindernis an, dass eine formwechselnde Gesellschaft für Zwecke des Formwechsels innerhalb der EU bereits im Register des Herkunftsstaates gelöscht ist.