Christoph Teichmann, Ralf Knaier
Rz. 86
Für das GmbH-Recht relevant können auch Konstellationen sein, in denen eine GmbH & Co. KG ihren Sitz formwechselnd über die Grenze verlegen soll. Einen derartigen Fall hatte das OLG Oldenburg zu behandeln. Eine Société en commandite simple (S. C. S.) – das luxemburgische Pendant einer KG – mit Sitz in Luxemburg, an der insgesamt 18 Kommanditisten beteiligt waren und deren Komplementärin die EE S.à r. l. (das luxemburgische Pendant der GmbH) war, wollte ihren Sitz nach Deutschland verlegen und unter gleichzeitiger Aufnahme einer deutschen GmbH als weitere Komplementärin in die Rechtsform einer KG wechseln. Eine vergleichbare Entscheidung eines grenzüberschreitenden Formwechsels einer ausländischen in eine inländische Kommanditgesellschaft hatte der OGH in Österreich bereits im Jahr 2014 zu treffen und die Problemstellung unter Anwendung der durch den EuGH entwickelten Grundsätze gelöst. Die Besonderheit des Falles des OLG Oldenburg liegt darin, dass Ausgangs- sowie Zielgesellschaft jeweils Personengesellschaften waren. Ein kodifizierter Rechtsrahmen für grenzüberschreitende Formwechselvorgänge von Personengesellschaften existiert derzeit weder auf nationaler noch auf unionaler Ebene. Dennoch wird vor allem aus der VALE-Entscheidung des EuGH hergeleitet, dass in der EU der grenzüberschreitende Formwechsel von Personengesellschaften zulässig ist. Die Niederlassungsfreiheit sieht eine unterschiedliche Behandlung von Kapital- und Personengesellschaft in dieser Hinsicht nicht vor. Auf Grundlage der bisherigen Rechtsprechung ist Voraussetzung für die Zulässigkeit des konkreten Formwechsels jedoch, dass die beteiligten mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen einen solchen innerstaatlich vorsehen.
Rz. 87
Das OLG Oldenburg führt aus, dass es im zu entscheidenden Fall eines rechtsformkongruenten Hereinformwechsels einer Personengesellschaft aus einem EU-Staat nach Deutschland gar nicht auf die umwandlungsrechtlichen Rahmenbedingungen ankommen soll, da das deutsche Umwandlungsrecht den Formwechsel einer Personengesellschaft in die Rechtsform einer anderen Personengesellschaft nicht regle. Vielmehr gebe es kein Bedürfnis für eine entsprechende Regulierung im Umwandlungsgesetz, weil sich der Formwechsel zwischen verschiedenen Rechtsformen des Personengesellschaftsrechts bereits nach allgemeinen Vorschriften des HGB vollziehe. Dies stieß im Hinblick auf die Umwandlungsfreiheit auf Kritik in der Literatur. Konsequenterweise wäre unter Beachtung der Vorgaben des EuGH aus der VALE-Entscheidung zum Schutz der beteiligten stakeholder, namentlich der Gläubiger, ein Verfahren in analoger Anwendung der Bestimmungen der §§ 190 ff. UmwG durchzuführen gewesen. Ein solches Verfahren wurde im zu entscheidenden Fall durch die Gesellschafter sogar im Wesentlichen gewahrt: Die Anmeldung zur Eintragung in das deutsche Handelsregister wurde von allen vertretungsberechtigen Gesellschaftern vorgenommen und eine Bescheinigung aus Luxemburg über die zulässige Verlegung des Gesellschafts- und Verwaltungssitzes wurde ebenfalls vorgelegt. Nach Ansicht des OLG war dies nicht notwendig, wenngleich zulässig und einer Eintragung in das deutsche Handelsregister nicht entgegenstehend, da das Gericht diese Verfahrensschritte als Bedingungen, welche die Gesellschafter selbst nach ihrem Hauptversammlungsbeschluss für die Wirksamkeit der beschlossenen Sitzverlegung gesetzt haben, ansah. Vielmehr hätte jedoch aus umwandlungsrechtlicher Sicht der grenzüberschreitende Hineinformwechsel nicht eingetragen werden dürfen, wenn die dargestellten Verfahrensschritte nicht eingehalten worden wären. Stimmen, die behaupten, dass für die Gestaltungspraxis nunmehr ein Weg eröffnet sei, einen identitätswahrenden, grenzüberschreitenden Formwechsel von Personengesellschaften – insbesondere für die GmbH & Co. KG – außerhalb des Umwandlungsgesetzes vorzunehmen, ist daher zu widersprechen.