Christoph Teichmann, Ralf Knaier
Rz. 11
Für Sitzverlegungen im Inland sind zu unterscheiden: die Verlegung des Register-, Satzungs- oder Verwaltungssitzes sowie die Änderung der inländischen Geschäftsanschrift. Ob die Sitzverlegung einem bestimmten Verfahren und besonderen Voraussetzungen unterliegt, ist nach dem jeweils anwendbaren Sachrecht zu klären.
I. Verlegung des Satzungssitzes
Rz. 12
Das deutsche GmbH-Recht versteht unter dem Sitz den Ort, den der Gesellschaftsvertrag als Sitz festlegt (§ 4a GmbHG). Folglich ist die Sitzverlegung eine Satzungsänderung. Sie ist zulässig, solange die Vorgabe des § 4a GmbHG erfüllt bleibt, wonach der Sitz der Gesellschaft im Inland liegen muss (zur Sitzverlegung ins Ausland siehe Rdn 49 ff.). Bei der Sitzverlegung ist das Verfahren der Satzungsänderung gemäß §§ 53, 54 GmbHG einzuhalten sowie die Vorgaben des § 13h HGB. Der Verlegungsbeschluss bedarf einer ¾-Mehrheit, soweit der Gesellschaftsvertrag keine höhere Mehrheit vorsieht. Die Satzung kann daneben weitere Erfordernisse aufstellen, § 53 Abs. 2 S. 2 GmbHG. Geringere Anforderungen können indes nicht vorgesehen werden, ebenso wie eine Übertragung auf andere Gesellschaftsorgane unzulässig ist. Der Beschluss bedarf zwingend der notariellen Beurkundung, § 53 Abs. 2 S. 1 GmbHG, selbst dann, wenn die Gesellschaft ihren Verwaltungssitz im Ausland hat und der Beschluss im Ausland gefasst wird. Für eine Änderung des statuarischen Sitzes als Satzungsbestandteil, ist allein das Gesellschaftsstatut als Wirkungsstatut gem. Art. 11 Abs. 1 1 Alt. EGBGB maßgeblich.
Rz. 13
Eine solche Sitzverlegung innerhalb Deutschlands wurde in einem Fall als rechtsmissbräuchlich angesehen, weil damit offensichtlich die Überprüfung der materiellen Eintragungsvoraussetzungen erschwert werden sollte. Richtigerweise sollte die Sanktion für solches Fehlverhalten aber nicht an der Sitzverlegung ansetzen, die als solche nicht zu beanstanden ist, sondern an den konkret verletzten Rechtsnormen. Im Fall des AG Memmingen ging es um Fehler bei der Kapitalaufbringung. Dafür gibt es besser passende (Haftungs-)Sanktionen als die Verweigerung der Satzungssitzverlegung.
Rz. 14
In weiteren denkbaren Konstellationen kommt aber dennoch eine Satzungssitzverlegung im Inland als rechtsmissbräuchlich in Betracht, etwa bei der Sitzverlegung im Liquidationsstadium. Dies ist jedoch stets im Einzelfall zu beurteilen und unter Berücksichtigung dessen, dass aufgrund der bewussten Entscheidung des Gesetzgebers für den Grundsatz der freien Sitzwahl (dazu Rdn 1), eine rechtsmissbräuchliche oder im Innenverhältnis der Gesellschafter zueinander treuwidrige Sitzverlegung nur noch in seltenen Ausnahmefällen anzunehmen sein dürfte. Bei grenzüberschreitenden Sitzverlegungen kommen zahlreiche weitere Aspekte zum Tragen, die einen Rechtsmissbrauch dadurch begründen können, dass die deutsche Rechtsordnung verlassen wird (dazu Rdn 101 und Rdn 167).
II. Verlegung des Verwaltungssitzes
Rz. 15
Die Verlegung des Verwaltungssitzes an einen anderen inländischen Ort ist nach heutiger Rechtslage für die deutsche GmbH ohne rechtliche Bedeutung. Der Satzungssitz muss nicht notwendig dort liegen, wo sich die Verwaltung befindet. Daher kann die Verwaltung an einen anderen Ort verlegt werden, ohne das...