I. Koalitionsvertrag vom 12.3.2018
Rz. 33
Nach der Bundestagswahl am 24.9.2017 wurde nach monatelangen Verhandlungen letztendlich ein (neuer) Koalitionsvertrag im Umfang von 175 Seiten am 12.3.2018 zwischen CDU, CSU und SPD geschlossen.
Unter der Überschrift "Digitalisierung" – "Gute digitale Arbeit 4.0" wurde darin auf Seite 42 festgehalten (Hervorhebungen des Verfassers):
Zitat
"Das Statusfeststellungsverfahren für Selbstständige wollen wir vereinfachen und zwischen den unterschiedlichen Zweigen der Sozialversicherung widerspruchsfrei ausgestalten."
Unter der Überschrift "Soziale Gerechtigkeit" – "Rente" wurde auf Seite 93 festgehalten (Hervorhebungen des Verfassers):
Zitat
"Um den sozialen Schutz von Selbstständigen zu verbessern, wollen wir eine gründerfreundlich ausgestaltete Altersvorsorgepflicht für alle Selbstständigen einführen, die nicht bereits anderweitig obligatorisch (z.B. In berufsständischen Versorgungswerken) abgesichert sind. Grundsätzlich sollen Selbstständige zwischen der gesetzlichen Rentenversicherung und – als Opt-out-Lösung – anderen geeigneten insolvenzsicheren Vorsorgearten wählen können, wobei diese insolvenz- und pfändungssicher sein und in der Regel zu einer Rente oberhalb des Grundsicherungsniveaus führen müssen."
"Zudem werden wir die Mindestkrankenversicherungsbeiträge für kleine Selbstständige reduzieren. Die Renten- und Krankenversicherungsbeiträge sollen gründerfreundlich ausgestaltet werden."
Unter der Überschrift "Gesundheit und Pflege" – "Finanzierung" wurde auf Seite 102 festgehalten (Hervorhebungen des Verfassers):
Zitat
"Um kleine Selbstständige zu entlasten, werden wir die Bemessungsgrundlage für die Mindestkrankenversicherungsbeiträge von heute 2.283,75 EUR auf 1.150 EUR nahezu halbieren."
II. Gesetz zur Beitragsentlastung der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung zum 1.1.2019
Rz. 34
Umgesetzt von den vorgenannten Zielen des Koalitionsvertrages wurde zunächst der Punkt "Krankenversicherung für Selbstständige mit geringem Einkommen"durch das Gesetz zur Beitragsentlastung der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 11.12.2018 mit Wirkung zum 1.1.2019. Dabei geht es um freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Selbstständige.
Rz. 35
Nach der Gesetzesbegründung hat die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt zu einer Veränderung der Lebens- und Einkommenssituation bei den Selbstständigen geführt. Die tatsächlichen Einkünfte von hauptberuflich Selbstständigen unterschreiten häufiger die Mindestbeitragsbemessungsgrundlage nach § 240 Abs. 4 S. 2 SGB V. Um Selbstständige mit geringeren Einkünften künftig erheblich zu entlasten, wird die Mindestbeitragsbemessungsgrundlage für Selbstständige nahezu halbiert und auf 80. Teil der monatlichen Bezugsgröße abgesenkt.
Rz. 36
Die Absenkung auf den 80. Teil der monatlichen Bezugsgröße tritt zum 1.1.2019 in Kraft und würde im Jahr 2018 einer Mindestbeitragsbemessungsgrundlage für Selbstständige in Höhe von 1.141,88 EUR entsprechen. Bezogen auf das Jahr 2018 würde sich die monatliche Mindestbeitragsbelastung dadurch von durchschnittlich 342,56 EUR auf durchschnittlich 171,28 EUR monatlich reduzieren.
Rz. 37
Die Absenkung der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage bedeutet, so die Gesetzesbegründung, somit sowohl für Selbstständige mit geringeren Einkünften als auch für Existenzgründer eine erhebliche Entlastung.
III. Gesetzesvorhaben zur Altersvorsorge(-pflicht) zum Jahresende 2019
Rz. 38
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (Bundesminister für Arbeit und Soziales ab dem 14.3.2018) hatte Anfang April 2019 einen Gesetzentwurf zur Altersvorsorgepflicht für Selbstständige für das Jahresende 2019 angekündigt. Die Einführung der Altersvorsorgepflicht für Selbstständige war im Koalitionsvertrag 2018 vereinbart worden. Anders als frühere SPD-Konzepte wollte er darin Selbstständige nicht vorrangig verpflichten, in die gesetzliche Rentenversicherung einzutreten. Zwar soll es den Selbstständigen zukünftig nicht mehr freigestellt sein, ob und wie sie sich für das Alter absichern. Aber alternativ zur gesetzlichen Rentenversicherung sollen Selbstständige auch eine Opt-out-Lösung wählen können. Dies würde bedeuten, dass Selbstständige, die eine alternative Altersvorsorge nachweisen können, nicht den Weg über die gesetzliche Rentenversicherung gehen müssen.
Rz. 39
Die Opt-out-Lösung müsse insolvenz- und pfändungssicher sein und zu einer Rente oberhalb des Grundsicherungsniveaus führen. Die Einzelheiten müssen abgewartet werden, bis der Gesetzesentwurf erstellt und veröffentlicht ist. Dies soll erst dann geschehen, wenn vorher die Grundrente eingeführt ist.
Rz. 40
Letztlich ist es bei der Ankündigung des Bundesarbeitsministers Hubert Heil geblieben. Der Gesetzentwurf wurde nicht wie angekündigt zum Jahresende 2019 vorgelegt. Stattdessen ist im stenografischen Bericht des Deutschen Bundestags vom 14.4.2021 auf die Frage, wann m...