Rz. 155
Soweit ein Solo-Selbstständiger im Rechtsweg den Status eines Arbeitnehmers geltend macht, ist Statusklage zu erheben. Darin muss sich der Mitarbeiter abschließend erklären, für welche Zeit er von einem Arbeitsverhältnis ausgeht. Dabei kommt es weder darauf an, ob er die Arbeitnehmereigenschaft für einen bestimmten Zeitraum zum Streitgegenstand erhebt, noch ob er überhaupt eine selbstständige Statusklage betreibt. Maßgebend ist, welche Vorteile er nachträglich aus seiner Arbeitnehmerstellung ziehen will.
Rz. 156
Ein gegenwartsbezogener Antrag auf Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses ist nach ständiger Rechtsprechung des BAG zulässig. Für einen Antrag, festzustellen, dass der Kläger in einem Arbeitsverhältnis zum Beklagten steht (sog. gegenwartsbezogene Feststellungsklage), ist das Feststellungsinteresse nicht schon deshalb zu verneinen, weil sich der Antrag auf diese Statusfrage beschränkt und strittige Einzelfragen aus dem Arbeitsverhältnis ungeklärt bleiben. Aus dem Grundsatz der Prozessökonomie folgt nicht, dass nur solche Feststellungsanträge den Anforderungen des § 256 Abs. 1 ZPO genügen, die (möglichst) alle unter den Parteien strittigen Fragen klären. Aus demselben Grundsatz folgt auch die Zulässigkeit von Feststellungsanträgen, die die zentrale Streitfrage der Parteien klären. Bei einer solchen gegenwartsbezogenen Formulierung des Feststellungsantrages können sich allerdings Auslegungsfragen stellen. Denn von der Abfassung der Klageschrift bzw. der Rechtshängigkeit der Klage bis zur rechtskräftigen Entscheidung vergeht in aller Regel viel Zeit. Das BAG hat in seiner Entscheidung v. 12.9.1996 einen solchen Antrag einmal so verstanden, dass er sich (nur) auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LAG beziehe.
Rz. 157
Ist die Fallgestaltung indes so, dass der Kläger neben einem allgemeinen Feststellungsantrag (mit einem gegenwartsbezogenen Feststellungsbegehren nach § 256 Abs. 1 ZPO) zusätzlich einen Kündigungsschutzantrag (gem. § 4 S. 1 KSchG) stellt, fehlt dem Kläger für das gegenwartsbezogene Feststellungsbegehren, wonach zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht, das hierfür erforderliche Feststellungsinteresse. Dies wäre nur dann anders zu beurteilen, wenn der Kläger Beendigungstatbestände darlegen würde, die nicht bereits von seiner nach § 4 Abs. 1 KSchG erhobenen Klage erfasst sind. Der klagende Arbeitnehmer müsste vielmehr weitere streitige Beendigungstatbestände oder wenigstens deren Möglichkeit in den Prozess einführen und damit dartun, dass er an dem – neben der Klage nach § 4 S. 1 KSchG gestellten – weiteren Festungsantrag ein rechtliches Interesse hat. Denn in einem Kündigungsschutzverfahren hat das Gericht ohnehin inzident zu prüfen, ob das Rechtsverhältnis der Parteien im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren ist.
Rz. 158
Wird ein Arbeitnehmerstatus mittels eines Antrags nach § 256 Abs. 1 ZPO und gleichzeitig der Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses im Weg einer Kündigungsschutzklage nach § 4 S. 1 KSchG geltend gemacht, ist bzw. wird der Antrag nach § 256 Abs. 1 ZPO regelmäßig unzulässig, wenn der Kläger keine besonderen Umstände geltend macht, die eine vergangenheitsbezogene Feststellung eines Arbeitsverhältnisses vor dem Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung rechtfertigen könnten. Zum Streitgegenstand einer Kündigungsschutzklage gehört ohnehin das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung.
Rz. 159
Praxishinweis
Von besonderer Wichtigkeit ist es, im Klageantrag genau zu bestimmen, für welche Zeit der klagende Mitarbeiter von einem Arbeitsverhältnis ausgeht.
Rz. 160
Das BAG sah auch in dem Fall den verlangten Gegenwartsbezug und das erforderliche Feststellungsinteresse bei einem Feststellungsantrag als gegeben an, wonach das beklagte Unternehmen verpflichtet sei, für genannte Zeiträume eine Vergütung nach bestimmten Stufen zu zahlen. Der Gegenwartsbezug werde dadurch hergestellt, dass die Klägerin die Erfüllung konkreter, auf ein höheres Entgelt gerichteter Ansprüche aus einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum und damit gegenwärtige Vorteile erstrebte. Das Feststellungsinteresse bestehe, da mit dem angestrebten Feststellungsurteil die Stufenzuordnung der Klägerin und mit ihr die Berechnung der Vergütung auch zukunftsbezogen dem Streit der Parteien entzogen werde.
Rz. 161
Bei der Wahl des Zeitraumes ist zu berücksichtigen, dass sich ein ursprüngliches Selbstständigkeits-Verhältnis möglicherweise erst im Laufe der Zeit zu einem Arbeitsverhältnis gewandelt hat oder dass sich möglicherweise nach einem Obsiegen des vermeintlich Selbstständigen im Statusprozess Rückforderungsansprüche des Arbeitgebers für den Zeitraum ergeben, für den der Arbeitnehmerstatus erstritten worden ist.
Rz. 162
Wird das Bestehen eines in der Vergangenheit bereits beendeten Rechtsverhältnisses (sog. vergangenheitsbezogene Feststellungsklage) bege...