Dr. iur. Frank Fad, Prof. Dr. Günther Schneider
Rz. 173
Nachdem die Ergebnisse einer Untersuchung der Bundesanstalt für Straßenwesen zur Wirksamkeit des bis zum 31.12.2010 befristeten Modellvorhabens "Begleitetes Fahren ab 17" belegt hatten, dass dieses Modell einen deutlichen Gewinn für die Verkehrssicherheit der jungen Fahranfänger mit sich bringt, wurde das "Begleitete Fahren ab 17" in seiner bisherigen Form durch Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und des Kraftfahrsachverständigengesetzes vom 2.12.2010 in das Dauerrecht überführt. Aufgrund § 6e StVG sind die Einzelheiten in § 48 FeV geregelt.
Rz. 174
Der minderjährige Fahrer haftet nach § 7 Abs. 1 StVG, wenn er Halter des Kraftfahrzeugs ist. Der Minderjährige, der das Fahrzeug in Begleitung eines hierfür zugelassenen Erwachsenen steuert, ist Führer des Kraftfahrzeugs und haftet daher für vermutetes Verschulden gemäß § 18 Abs. 1 StVG. Befolgt der minderjährige Fahrer einen falschen Ratschlag seines Begleiters, kann er sich in aller Regel nicht nach § 18 Abs. 1 S. 2 StVG exkulpieren, weil er – anders als ein Fahrschüler – bereits eine Fahrerlaubnis hat und deshalb selbst in der Lage sein muss, den Sorgfaltsanforderungen eines Kraftfahrers gerecht zu werden.
Rz. 175
Die Begleitperson kann Halter des Fahrzeugs sein. In diesem Fall haftet sie nach § 7 Abs. 1 StVG, ohne dass sich Besonderheiten ergeben. Die Begleitperson ist aber, weil sie nur Ansprechpartner und Berater des minderjährigen Fahrers ist (vgl. § 48a Abs. 4 FeV), nicht Führer des Kraftfahrzeugs und haftet deshalb nicht nach § 18 Abs. 1 StVG. Für die Begleitperson kommt nur eine Haftung nach allgemeinem Deliktsrecht in Betracht. Bei der Haftung nach § 823 BGB ist zu beachten, dass der Gesetzgeber der Begleitperson keine Ausbildungs- oder Überwachungsfunktion auferlegt hat und dahingehende Verkehrssicherungspflichten demnach nicht bestehen. Die Begleitperson darf vielmehr im Allgemeinen darauf vertrauen, dass der minderjährige Fahrer als Inhaber einer Fahrerlaubnis in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen. Hat die Begleitperson aber aufgrund besonderer Umstände Zweifel an der Fahrtauglichkeit des Fahrers oder an der Verkehrssicherheit des Fahrzeugs, trifft sie die Pflicht, die Fahrt – beispielsweise durch Weigerung, als Begleitperson mitzuwirken – zu verhindern.
Rz. 176
Kommt es wegen Fehlverhaltens der Begleitperson, beispielsweise durch Erteilung falscher Ratschläge zu einer Rechtsgutsverletzung, haftet die Begleitperson nach allgemeinen Grundsätzen gemäß § 823 BGB. Handelt es sich bei der Begleitperson um eine Person, die zur Aufsicht über den Minderjährigen verpflichtet ist, beispielsweise ein Elternteil, ist eine Haftung nach § 832 BGB denkbar; in aller Regel hat aber der 17-jährige Fahrer durch das Bestehen der Fahrprüfung gezeigt, dass er die erforderlichen Fähigkeiten zum Führen eines Kraftfahrzeugs besitzt und deshalb keiner besonderen Aufsicht über seine Person beim Fahren eines Kraftfahrzeugs mehr bedarf. Denkbar ist schließlich auch eine Haftung der Begleitperson nach § 831 Abs. 1 BGB, wenn der minderjährige Fahrer Verrichtungsgehilfe der Begleitperson ist.