Dr. iur. Frank Fad, Prof. Dr. Günther Schneider
I. Fahrzeugführer
1. Begriff
Rz. 163
Ein Fahrzeug führt, wer es in eigener Verantwortung in Betrieb setzt. Der BGH hat hierzu ausgeführt, "Voraussetzung dafür, dass von einem (mindestens mitverantwortlichen) Führen des Kraftfahrzeuges gesprochen werden kann, ist jedoch immer ein Entscheidungsspielraum desjenigen, der die Bewegung und die Fahrtrichtung beeinflusst." Der Begriff des Kraftfahrzeugführers ist hiernach rein technisch aufzufassen. Führer ist derjenige, der im Augenblick der Begehung der unerlaubten Handlung das Fahrzeug lenkt bzw. die tatsächliche Gewalt über das Steuer hat. Es spielt keine Rolle, ob er dabei den Weisungen eines mitfahrenden Dritten unterworfen ist. Wer beim Schieben eines nicht betriebsbereiten Kraftfahrzeugs nach den Anweisungen des verantwortlichen Fahrers nur Hilfsdienste leistet – z.B. Einschlagen des Lenkrades –, ist nicht "Führer" des Kraftfahrzeugs. Ist das Kfz objektiv nicht fortzubewegen (z.B. weil es aufgebockt ist), so ist derjenige, der den Motor anlässt in der Absicht loszufahren, nicht "Fahrzeugführer". Auch wer auf der Autobahn einen liegen gebliebenen Pkw in Betrieb zu setzen versucht, wird dadurch nicht zum Führer des Kfz. Wird versehentlich der Motor und das Kfz in Gang gesetzt, so wird derjenige zum Kfz-Führer, der versucht, durch Lenken, Steuern, Bremsen usw. auf das Fahrzeug einzuwirken.
2. Fahrschüler und Fahrlehrer
Rz. 164
Vom Grundsatz, dass Führer eines Kraftfahrzeugs nur sein kann, wer die tatsächliche Herrschaft über das Fahrzeug ausübt, gibt es eine gesetzliche Ausnahme: kraft der gesetzlichen Fiktion des § 2 Abs. 15 S. 2 StVG gilt der Fahrlehrer als Führer des vom Fahrschüler gefahrenen Fahrzeugs. Die hiernach normierte Fiktion führt dazu, dass der Fahrschüler regelmäßig nicht nach der Gefährdungshaftung haftet; stattdessen haftet insoweit der Fahrlehrer. Hinzuweisen bleibt allerdings darauf, dass außerhalb des Anwendungsbereichs der Fiktion des § 2 Abs. 15 S. 2 StVG der "Fahrlehrer, der als Beifahrer während einer Ausbildungsfahrt einen Fahrschüler begleitet, dessen fortgeschrittener Ausbildungsstand zu einem Eingreifen in der konkreten Situation keinen Anlass gibt, nicht Führer des Kraftfahrzeugs im Sinne des § 23 Abs. 1a S. 1 StVO (ist)".
Rz. 165
Der Fahrschüler haftet aus dem StVG nicht, wenn er ordnungsmäßig von dem Fahrlehrer begleitet ist. Denn nach § 2 Abs. 15 S. 2 StVG gilt der Fahrlehrer als Führer des Fahrzeuges, so dass ihn die Haftung aus § 18 StVG trifft. Dies gilt auch dann, wenn der Fahrschüler auf einem Motorrad seinem Fahrlehrer hinterherfährt. oder wenn der Fahrlehrer von einem anderen Fahrzeug oder einer sonstigen geeigneten Stelle aus den Fahrschüler kontrolliert und evtl. durch Zurufe anweist, sich richtig zu verhalten. Nur wenn der Fahrschüler ohne jede Beaufsichtigung durch den Fahrlehrer mit dem Fahrzeug fährt, ist er als Führer anzusehen und würde seinerseits aus § 18 StVG haften. Unberührt bleibt die Haftung aus § 7 StVG, falls der Fahrschüler Halter des Fahrzeugs ist. Im Übrigen gilt der Fahrschüler während einer Übungsfahrt als ein beim Betrieb beschäftigter Dritter i.S.d. § 8 Nr. 2 StVG, sofern er nicht selbst Halter des Fahrzeugs ist, mit der Folge, dass sich die Fahrschule als Halterin des Fahrzeugs das Fehlverhalten des Fahrschülers auch dann zurechnen lassen muss, wenn der Fahrlehrer selbst den Unfall auch bei Anwendung der größtmöglichen Sorgfalt nicht verhindern konnte.
Rz. 166
Neben diesen Bestimmungen haftet der Fahrschüler jedoch aus § 823 BGB, wenn ihn selbst ein Verschulden trifft. Ein solches eigenes Verschulden des Fahrschülers liegt vor, wenn er das Fahrzeug ohne die vorgeschriebene Beaufsichtigung durch den Fahrlehrer benutzt, oder wenn der Fahrschüler sich in schwierige Verkehrslagen begibt, denen er noch nicht gewachsen ist. Dieses Verschulden kann auch neben der Mithaftung des Fahrlehrers bestehen, wenn dieser ihn beaufsichtigt, aber ihn von seinem leichtsinnigen Verhalten nicht abgehalten hat. Eine genaue Abgrenzung der Pflichten des Fahrlehrers gibt das Urteil des KG vom 4.7.1966. Fehlt dem Schüler aber noch das erforderliche Können, so haftet er nicht.
Rz. 167
Der Fahrlehrer haftet einmal nach § 2 Abs. 15 i.V.m. § 18 StVG; er haftet aber weiter auch aus § 823 BGB, wenn ...