Rz. 82
Zitat
BGB §§ 249 Abs. 2 S. 1, 254 Abs. 2
a) |
Der Schädiger kann den Geschädigten gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne weiteres zugänglichen "freien" Fachwerkstatt verweisen, wenn er darlegt und beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt entspricht und wenn er gegebenenfalls vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb einer markengebundenen Werkstatt unzumutbar machen würden (Senatsurt. v. 28.4.2015 – VI ZR 267/14, VersR 2015, 861 Rn 9 f.; v. 15.7.2014 – VI ZR 313/13, NJW 2014, 3236 Rn 8; v. 3.12.2013 – VI ZR 24/13, VersR 2014, 214 Rn 9; v. 14.5.2013 – VI ZR 320/12, NJW 2013, 2817 Rn 8; v. 13.7.2010, – VI ZR 259/09, DAR 2010, 577 Rn 6 f. und v. 22.6.2010 – VI ZR 302/08, NJW 2010, 2727 Rn 6 f.). |
b) |
Bei Fahrzeugen, die älter sind als drei Jahre, kann der Verweis auf eine technisch gleichwertige Reparaturmöglichkeit in einer "freien" Fachwerkstatt insbesondere dann unzumutbar sein, wenn der Geschädigte konkret darlegt, dass er sein Fahrzeug bisher stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen und dies vom Schädiger nicht widerlegt wird (Senatsurt. v. 28.4.2015 – VI ZR 267/14, VersR 2015, 861 Rn 10; v. 13.7.2010 – VI ZR 259/09, DAR 2010, 577 Rn 8; v. 22.6.2010 – VI ZR 302/08, NJW 2010, 2727 Rn 7 und 22.6.2010 – VI ZR 337/09, NJW 2010, 2725 Rn 10). |
c) |
Ist ein über neun Jahre altes und bei dem Unfall verhältnismäßig leicht beschädigtes Fahrzeug zwar stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt repariert, dort aber in den letzten Jahren vor dem Unfall nicht mehr gewartet worden, ist der Verweis auf eine "freie" Fachwerkstatt nicht unzumutbar. |
a) Der Fall
Rz. 83
Der Kläger nahm die Beklagte zu 1 sowie deren Haftpflichtversicherer, die Beklagte zu 2, auf Ersatz restlichen Sachschadens aus einem Verkehrsunfall vom 4.5.2013 in Anspruch, bei dem sein Pkw, ein zum Unfallzeitpunkt rund neuneinhalb Jahre alter Mercedes Kombi 320 T mit einer Laufleistung von rund 123.700 km, hinten rechts an der Heckklappe und am Spoiler durch einen Streifstoß beschädigt wurde. Die Haftung der Beklagten mit einem Anteil von 70 % stand dem Grunde nach außer Streit.
Rz. 84
Die Parteien stritten nur noch über die Frage, ob sich der Kläger im Rahmen der fiktiven Abrechnung seines Fahrzeugschadens auf die niedrigeren Stundenverrechnungssätze der von der Beklagten zu 2 benannten, nicht markengebundenen Fachwerkstatt S verweisen lassen musste oder ob er auf der Grundlage des von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt erstattet verlangen konnte. Nach dem vom Kläger eingeholten Sachverständigengutachten beliefen sich die erforderlichen Reparaturkosten unter Zugrundelegung der Verrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt auf 3.546,48 EUR netto. Die Beklagte zu 2 legte ihrer Schadensberechnung die günstigeren Reparaturkosten der Fachwerkstatt S. in Höhe von 2.872,12 EUR netto zugrunde; streitgegenständlich waren somit noch 472,05 EUR (70 % des Differenzbetrags). Der Kläger hatte den Pkw während seiner seit dem Jahr 2006 andauernden Besitzzeit nur in markengebundenen Fachwerkstätten reparieren lassen.
Rz. 85
Das Amtsgericht hat seiner Entscheidung die niedrigeren Reparaturkosten der Fachwerkstatt S zugrunde gelegt und der Klage unter Hinzurechnung geltend gemachter Sachverständigenkosten sowie unter Abzug vorgerichtlich geleisteter Zahlungen in Höhe von 724,36 EUR stattgegeben. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht das amtsgerichtliche Urteil dahingehend abgeändert, dass es die Beklagten zur Zahlung weiterer 472,05 EUR verurteilt hat. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision beantragten die Beklagten die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
b) Die rechtliche Beurteilung
Rz. 86
Das angefochtene Urteil hielt der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Der erkennende Senat hat in mehreren Entscheidungen Stellung dazu bezogen, unter welchen Voraussetzungen ein Geschädigter, der den Ersatz fiktiver Reparaturkosten begehrt, gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB die Erstattung der Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt verlangen kann.
Rz. 87
Der Geschädigte darf, sofern die Voraussetzungen für eine fiktive Schadensberechnung vorliegen, dieser grundsätzlich die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats besteht dann in der Regel ein Anspruch des Geschädigten auf Ersatz der in einer markengebundenen Fachwerkstatt anfallenden Reparaturkosten unabhängig davon, ob der Geschädigte das Fahrzeug tatsächlich voll, minderwertig oder überhaupt nicht reparieren lässt. Allerdings kann der Schädiger den Geschädigten unter d...