Rz. 42

Die Revision hatte Erfolg.

Der Senat hat in seinen Entscheidungen vom 20.10.2009 (VI ZR 53/09, VersR 2010, 225 [(siehe auch Rdn 7 ff.)]) und vom 23.2.2010 (VI ZR 91/09, VersR 2010, 923 [(siehe auch Rdn 21 ff.)]) grundsätzlich Stellung dazu bezogen, unter welchen Voraussetzungen ein Geschädigter, der den Ersatz fiktiver Reparaturkosten begehrt, gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB die Erstattung der Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt verlangen kann. Danach leistet der Geschädigte dem Gebot der Wirtschaftlichkeit im Allgemeinen Genüge und bewegt sich in den für die Schadensbehebung nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gezogenen Grenzen, wenn er der Schadensabrechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legt, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (Senatsurt. v. 20.10.2009 – VI ZR 53/09, a.a.O., Rn 8 m.w.N.; v. 23.2.2010 – VI ZR 91/09, Rn 8).

 

Rz. 43

Der Schädiger kann den Geschädigten aber unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne weiteres zugänglichen "freien Fachwerkstatt" verweisen, wenn er darlegt und gegebenenfalls beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht, und wenn er gegebenenfalls vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen würden (Senatsurt. v. 20.10.2009 – VI ZR 53/09, a.a.O., Rn 9, 13; v. 23.2. 2010 – VI ZR 91/09, Rn 9). Unzumutbar ist eine Reparatur in einer "freien Fachwerkstatt" für den Geschädigten insbesondere dann, wenn sie nur deshalb kostengünstiger ist, weil ihr nicht die (markt-)üblichen Preise dieser Werkstatt, sondern auf vertraglichen Vereinbarungen mit dem Haftpflichtversicherer des Schädigers beruhende Sonderkonditionen zugrunde liegen. Andernfalls würde die dem Geschädigten nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zustehende Ersetzungsbefugnis unterlaufen, die ihm die Möglichkeit der Schadensbehebung in eigener Regie eröffnet und ihn davon befreit, die beschädigte Sache dem Schädiger oder einer von ihm ausgewählten Person zur Reparatur anvertrauen zu müssen (vgl. Senatsurt. BGHZ 63, 182, 184; v. 20.9.2009 – VI ZR 53/09, a.a.O., Rn 9 f., 12 ff. m.w.N.).

 

Rz. 44

Mit diesen Grundsätzen stand das Berufungsurteil nicht im Einklang. Zwar entsprach die Reparatur in der von der Beklagten zu 2 benannten, nicht markengebundenen Reparaturwerkstatt E nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt. Nach den bisherigen Feststellungen erschien es aber nicht ausgeschlossen, dass es dem Kläger gleichwohl unzumutbar war, sein Fahrzeug bei der Firma E reparieren zu lassen. Denn nach der Behauptung des Klägers, die mangels tatsächlicher Feststellungen des Berufungsgerichts in der Revisionsinstanz zugrunde zu legen war, handelte es sich bei den Preisen der Firma E nicht um deren (markt-)übliche Preise, sondern um Sonderkonditionen aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung mit der Beklagten zu 2. Wie die Revision mit Recht geltend machte, hatte der Kläger mit Schriftsätzen vorgetragen, dass die Firma E eine Vertragswerkstatt der Beklagten zu 2 sei, die dieser geringere als die marktüblichen Preise in Rechnung stelle. Der Kläger hatte dabei ausdrücklich auf das Ergänzungsgutachten des Sachverständigen Bezug genommen, dem ein Lichtbild des am Büroeingang der Firma E angebrachten Hinweisschildes mit der Aufschrift "Schadenservice Spezial-Partnerwerkstatt VHV Versicherungen" beigefügt war.

 

Rz. 45

Das Berufungsurteil war deshalb aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die insoweit erforderlichen Feststellungen treffen konnte. Es wird dabei zu beachten haben, dass die Beklagte die Beweislast dafür trägt, dass sie ihrer Abrechnung die üblichen Preise der Firma E zugrunde gelegt hat und es dem Kläger deshalb zumutbar war, die ihm aufgezeigte günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit bei der Firma E wahrzunehmen. Dies entspricht dem Grundsatz, dass der Schädiger die Tatsachen zu beweisen hat, aus denen sich ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht im Sinne des § 254 Abs. 2 BGB ergibt (Senatsurt. v. 20.10.2009 – VI ZR 53/09, a.a.O., Rn 9).

 

Rz. 46

Bei der neuen Verhandlung wird das Berufungsgericht ferner dem Kläger Gelegenheit zur Konkretisierung seiner pauschalen Behauptung zu geben haben, er habe sein Fahrzeug bei der Mercedes-Benz-Niederlassung in H gekauft und es dort auch stets warten und reparieren lassen. Zwar kann es für den Geschädigten auch bei älteren Kraftfahrzeugen unzumutbar sein, sich auf eine technisch gleichwertige Reparaturmöglichkeit außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt verweisen zu lassen. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, ...

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