Rz. 32

Da ein Fahrzeugdiebstahl in der Regel unbeobachtet geschieht, kann der Versicherungsnehmer mit den "klassischen" Beweismitteln den Vollbeweis für den Eintritt des Versicherungsfalles nicht führen. Die Rechtsprechung hat daher Beweiserleichterungen entwickelt, die eng mit der Redlichkeit des Versicherungsnehmers und seiner Angaben verknüpft sind.[32]

 

Rz. 33

Der BGH vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass dem Versicherungsnehmer in der Diebstahlversicherung eine über den Anscheinsbeweis hinausgehende Beweiserleichterung zugute kommen muss.[33]

 

Rz. 34

Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung wird aufgrund der materiellen Risikoverteilung vom Versicherungsnehmer lediglich der Nachweis des Sachverhalts verlangt, der nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit das äußere Bild eines Versicherungsfalles erschließen lässt (erste Stufe).

 

Rz. 35

Der Versicherer muss dann Tatsachen beweisen, die eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür begründen, dass der Versicherungsfall vorgetäuscht ist (zweite Stufe).

 

Rz. 36

Beiden Parteien kommen somit Beweiserleichterungen zugute: Der Versicherungsnehmer muss lediglich ein Minimum an Umständen beweisen, aus denen sich "das äußere Bild” einer Entwendung erschließt. Der Versicherer muss nicht den vollen Gegenbeweis erbringen, sondern nur Tatsachen beweisen, die mit erheblicher Wahrscheinlichkeit auf die Vortäuschung des Versicherungsfalles schließen lassen.[34]"

 

Rz. 37

Diese Beweiserleichterungen gelten nicht für den Beweis zur Schadenhöhe.[35] Hier gelten jedoch die Beweiserleichterungen gemäß § 287 ZPO. Auch die beweisbelastete Partei kann (in eigener Sache) vernommen werden (§ 287 Abs. 1 S. 2 ZPO).

[32] BGH, IV ZR 263/2000, NJW-RR 2002, 671 = VersR 2002, 431 = r+s 2002, 143; Stiefel/Maier/Stadler, AKB A.2.2.2 Rn 99 m.w.N.; van Bühren/van Bühren, Handbuch VersR, § 1 Rn 324 ff.
[33] BGH VersR 1987, 61; BGH VersR 1988, 75; BGH DAR 1991, 381; BGH VersR 1992, 1000; BGH VersR 1997, 53; BGH, IV ZR 171/13, zfs 2015, 394 = VersR 2015, 589.
[34] BGH VersR 1992, 1000; BGH SP 1996, 142; OLG Düsseldorf SP 1996, 143; OLG Köln SP 1996, 144; OLG Köln SP 1996, 145.
[35] BGH VersR 1992, 1000.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge