I. Rechtsfähige Stiftung
1. Rechtlicher Rahmen
Rz. 1
Neben der Erbrechtsgarantie und der als deren Ausprägung verstandenen Testierfreiheit genießt auch die Freiheit der Stiftungserrichtung verfassungsrechtlichen Schutz. Nach überwiegender Ansicht besteht ein Grundrecht auf Stiftung als eine durch Art. 14 Abs. 1 GG garantierte Form der Nutzung privaten Eigentums. Dementsprechend ergibt sich aus § 80 Abs. 2 BGB auch ein Rechtsanspruch auf Anerkennung der rechtsfähigen Stiftung, soweit das Stiftungsgeschäft den gesetzlichen Anforderungen (§ 81 Abs. 1 BGB) genügt und die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks, der nicht das Gemeinwohl gefährden darf, gesichert erscheint. Spiegelbildlich genießt auch die Stiftung als solche Grundrechtsschutz. Sie ist als juristische Person i.S.v. Art. 19 Abs. 3 GG als Träger von Grundrechten anzusehen.
Rechtsfähige Stiftungen i.S.d. §§ 80 ff. BGB sind nicht verbandsmäßig organisierte Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, ihren vom Stifter festgelegten Zweck mit Hilfe eines hierzu gewidmeten Vermögens dauernd zu fördern. Sie erlangen durch staatliche Anerkennung ihre Rechtsfähigkeit. Der Mindestinhalt der Stiftungssatzung (Stiftungszweck, Stiftungsvermögen und ein Mindestmaß an Vorgaben für die Stiftungsorganisation) sind gesetzlich vorgegeben.
2. Stiftungszweck
Rz. 2
Den wesentlichsten Teil der Stiftungssatzung bildet die Definition des Stiftungszwecks. Denn er entscheidet nicht nur darüber, worauf die aktive Betätigung der Stiftung gerichtet sein soll, vielmehr bestimmt er dadurch den Verwendungszweck des der Stiftung gewidmeten Vermögens und seiner Erträge. Den Stiftungszweck kann nur der Stifter festgelegen; er muss (entsprechend dem Wesen der Stiftung) auf Dauer angelegt sein. Möglich sind sowohl privatnützige Stiftungen (z.B. Familienstiftungen, vgl. hierzu unten Rdn 69 ff.) als auch gemeinnützige Stiftungen. Solange der Zweck nicht dem Gemeinwohl zuwiderläuft, sind insoweit alle denkbaren Ausgestaltungen möglich. In diesem Rahmen genießt der Stifter beinahe vollständige Gestaltungs- und Entscheidungsfreiheit.
3. Stiftungsvermögen
Rz. 3
Das Stiftungsvermögen bildet einen weiteren essentiellen Teil der Stiftung. Denn sie muss gem. § 80 Abs. 2 BGB bereits bei ihrer Errichtung in einem solchen Umfang über Vermögen verfügen (bzw. damit ausgestattet sein), dass "die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszweckes gesichert erscheint". Gesetzliche Mindestgrenzen sind zwar nicht vorgeschrieben, je nach Stiftungszweck muss man aber in der Praxis von Werten zwischen 50.000 EUR und 100.000 EUR als minimaler Ausstattung der Stiftung ausgehen. Ob eine effektive Verfolgung des Stiftungszwecks bei dieser Vermögensgrößenordnung schon möglich ist, darf aber bezweifelt werden.
Rz. 4
Da die Stiftung erst durch ihre Anerkennung rechtlich entsteht, ist auch erst ab diesem Zeitpunkt eine Vermögensübertragung auf sie möglich. Vor diesem Hintergrund regelt § 82 S. 1 BGB die Verpflichtung des Stifters, im Falle der Anerkennung der Stiftung das im Stiftungsgeschäft zugesicherte Vermögen auf die Stiftung zu übertragen. Hierdurch kommt es zu einer Verselbstständigung des Stiftungsvermögens als eigenständiger Vermögensmasse. Der Stifter hingegen verliert so – und zwar in der Regel endgültig – seine Eigentümerstellung hinsichtlich des gestifteten Vermögens und damit auch seine bislang bestehende Verfügungsbefugnis. Eigentümer des Stiftungsvermögens ist allein die Stiftung; es ist daher dem Zugriff des Stifters sowie auch der Destinatäre entzogen. Selbst wenn diesen (satzungsmäßige) Ansprüche gegenüber der Stiftung zustehen, vermittelt ihnen dies regelmäßig kein Recht, auf das Stiftungsvermögen zuzugreifen oder hierüber zu verfügen.
4. Stiftungsorganisation
Rz. 5
Die rechtsfähige Stiftung stellt ein verselbstständigtes Vermögen dar. Von anderen juristischen Personen unterscheidet sie sich vor allem dad...