Rz. 1
Das "Gesetz zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderer Aspekte des Kaufvertrags" datiert ebenso wie das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen (siehe vorstehend § 3) vom 25.6.2021. Es dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/771 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.5.2019 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Warenkaufs (Warenkaufrichtlinie, fortan WKRL), zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/2394 und der Richtlinie 2009/22/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 1994/44/EG (Verbrauchsgüterkaufrichtlinie – VerbrGKRL).
Das Umsetzungsgesetz wurde am 30.6.2021 verkündet. Es tritt nach seinem Art. 3 am 1.1.2022 in Kraft.
Beachte
Für Altverträge gilt nach Art. 229 § 58 EGBGB, dass auf einen Kaufvertrag, der vor dem 1.1.2002 geschlossen worden ist, die Regeln in der bis einschließlich 31.12.2021 geltenden Fassung anzuwenden sind.
Rz. 2
Die WKRL löst die VerbrGKRL ab und ersetzt diese. Diese "hat nach 20 Jahren ausgedient" und wird zum 1.1.2022 durch die WKRL ersetzt, deren Einwirkung auf das BGB weit geringer ausfällt als jener der VerbrGKRL: "eher ein Update erster".
Die WKRL war bis zum 1.7.2021 umzusetzen. Sie bringt entscheidende Neuerungen für Kaufverträge in der Relation B2C. Nach Art. 4 WKRL dürfen die Mitgliedstaaten im Rahmen der Transformation der WKRL – im Unterschied zur vormaligen VerbrGKRL – vorbehaltlich einer ausdrücklichen Gestattung (Öffnungsklauseln) in der Richtlinie kein höheres Verbraucherschutzniveau als das der WKRL vorsehen (Grundsatz der Vollharmonisierung), womit ein Gestaltungsspielraum des deutschen Gesetzgebers bei der Umsetzung der Richtlinie weitgehend ausgeschlossen war. Zum Teil werden allerdings Umsetzungsdefizite moniert.
Beachte
Der Gesetzgeber hat sich dafür entschieden, Teile der WKRL im allgemeinen Kaufrecht umzusetzen (womit es in allen Beziehungen gilt, d.h. der Relation B2C, B2B, C2B und C2C). Die entsprechenden Regelungen sind dann allerdings – abgesehen vom Verbrauchsgüterkaufvertrag (§ 476 BGB) – in den Beziehungen B2B, C2C und C2B abdingbar.
Rz. 3
Die WKRL wurde in der EU zwar in enger inhaltlicher Abstimmung mit der Digitale-Inhalte-RL (umgesetzt im Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen (siehe vorstehend § 3) erlassen. Von dieser unterscheidet sie sich jedoch wie folgt: Soweit die WKRL sich auf Verträge über den Kauf von Waren mit digitalen Inhalten bezieht, werden damit Waren erfasst, die eines digitalen Produkts bedürfen, um ihre Funktionen erfüllen zu können. Dem hingegen stellt die Digitale-Inhalte-RL Anforderungen an Verträge für die Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen auf.
Rz. 4
Die infolge des Umsetzungsgesetzes erfolgten Änderungen des BGB erfassen im Wesentlichen folgende Aspekte:
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Neuregelung des Sachmangelbegriffs (§ 434 BGB):
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Neudefinition des Fehlerbegriffs, |
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Abschied vom Vorrang des subjektiven Fehlerbegriffs; |
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die §§ 474 ff. BGB sprechen von "Waren" (unter Bezugnahme auf die Legaldefinition in § 241a Abs. 1 BGB) statt von "beweglichen Sachen" (um den Verkauf von Sachen aufgrund gerichtlicher Maßnahmen vom Anwendungsbereich auszuschließen); |
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der dauerhafte Erwerb von Software unterfällt nach § 475a BGB grundsätzlich dem Kaufvertragsrecht, doch normieren die §§ 327 ff. BGB (Vorschriften über die Bereitstellung digitaler Produkte) vielfältige Ausnahmen vom Kaufvertragsrecht (z.B. bei der Mängelgewährleistung oder der Einführung einer Update-Verpflichtung bei Verbrauchsgüterkaufverträgen); |
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Einführung besonderer Pflichten für den Verkauf von Waren mit digitalen Elementen beim Verbrauchsgüterkauf (§§ 475b–e BGB), insbesondere
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Vorgabe einer Aktualisierungsverpflichtung (Updateverpflichtung), |
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Einführung von Sonderbestimmungen für Sachen, für die eine dauerhafte Bereitstellung digitaler Elemente vereinbart ist (§§ 475c und 477 Abs. 2 BGB); |
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Regelung des Regresses in der Lieferkette in einem eigenen Kapitel (§§ 445a und b BGB); |
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Einführung von Sonderbestimmungen für die Rückabwicklung des Kaufvertrags nach Rücktritt (§ 475 Abs. 6 BGB); |
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Einschränkung der Anwendbarkeit der Kaufvertragsregeln in Bezug auf Sachmängel beim isolierten Softwareerwerb im Rahmen von Verbrauchsgüterkaufverträgen (§§ 475b und c BGB); |
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Einführung besonderer Anforderungen an die Vereinbarung einer Abweichung von objektiven Anforderungen an die Kaufsache (§ 476 Abs. 1 BGB); |
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Verlängerung der Beweislastumkehr bei Mängeln von sechs Monaten auf ein Jahr (§ 477 Abs. 1 BGB – Beschaffenheitsvereinbarungen); |
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ergänzende Bestimmungen für Garantien (§ 479 BGB). |