Rz. 5
Eine grundsätzliche Änderung hat der Begriff des Sachmangels erfahren. In Umsetzung der Art. 5–8 WKRL wird § 434 BGB – der weiterhin als "Regelungsort des Sachmangels" verbleibt – neu gefasst, der Regelungsgehalt erheblich erweitert, systematisiert und dabei der Fehlerbegriff konkretisiert.
Rz. 6
Eine Sache ist nach § 434 Abs. 1 BGB in Umsetzung von Art. 5 WKRL ("Vertragsmäßigkeit von Waren") frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang i.S.e. für das deutsche Recht neuen Gleichrangs von subjektivem und objektivem Fehlerbegriff ("der subjektive Mangelbegriff bzw. nunmehr die subjektiven Anforderungen [haben] keinen Vorrang vor dem objektiven Mangelbegriff mehr") – mithin der subjektiven Anforderungen, der objektiven Anforderungen und der Montageanforderungen (entgegen § 434 Abs. 1 BGB alt: Vorrang der vereinbarten Beschaffenheit) – drei kumulativen Voraussetzungen genügt, nämlich den
entspricht (Sachmangelfreiheit).
Rz. 7
Dieser Sachmangelbegriff stellt einen systematischen Neuansatz dar, der vor allem für den Verbrauchsgüterkaufvertrag Relevanz erlangt, da er hier nach § 476 Abs. 1 Satz 1 BGB zwingend gilt.
Der Gesetzgeber hat die detaillierte Mangeldefinition in den Art. 6 ff. WKRL "überschießend mehr oder weniger übernommen".
Rz. 8
In der Relation B2B, d.h. im unternehmerischen Verkehr, hat dieser geänderte systematische Ansatz eines Gleichrangs keine gravierenden Auswirkungen, da die Parteien auch weiterhin frei eine vom objektiven Qualitätsstandard abweichende Beschaffenheit der Kaufsache ausdrücklich oder konkludent vereinbaren bzw. von den gesetzlichen Regelungen abweichende Vereinbarungen treffen können (Möglichkeit negativer Beschaffenheitsvereinbarungen, arg.: Die objektiven Anforderungen an eine Sache gelten nach § 434 Abs. 3 BGB nur, "soweit nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde"). So ist es möglich, dass, ohne spezielle Formerfordernisse, die ansonsten auf Verbrauchsgüterkaufverträge beschränkten Aktualisierungspflichten i.S.d. §§ 475b und c BGB auch hier Anwendung finden sollen.
Rz. 9
Hingegen ist § 434 BGB in der Relation B2C, d.h. für den Verbrauchsgüterkaufvertrag, grundsätzlich zwingend: Auf eine vor Mitteilung eines Mangels an den Unternehmer getroffene Vereinbarung, die zum Nachteil des Verbrauchers von § 434 BGB abweicht, kann der Unternehmer sich nach § 476 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht berufen: "Es kann daher nicht ohne Weiteres eine den objektiven Anforderungen vorgehende Beschaffenheitsvereinbarung getroffen werden"“.
Rz. 10
Von den Vorgaben des § 434 Abs. 3 BGB (oder des § 475b Abs. 4 BGB) kann i.S.e. negativen Beschaffenheitsangabe vor Mitteilung eines Mangels durch den Verbraucher an den Unternehmer durch Vertrag gemäß § 476 Abs. 1 Satz 2 BGB in Umsetzung von Art. 7 Abs. 5 WKRL nur noch in der Form abgewichen werden (vgl. auch § 434 Abs. 3 Satz 1 BGB: "soweit nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde"), dass
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der Verbraucher vor der Abgabe seiner Vertragserklärung eigens davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass ein bestimmtes Merkmal der Sache von den objektiven Anforderungen abweicht (Nr. 1), und |
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die Abweichung i.S.d. Nr. 1 im Vertrag ausdrücklich und gesondert vereinbart wurde (Nr. 2). |
Diese Formvorschrift dürfte nach Ansicht von Kirchhefer-Lauber in der Praxis nicht nur die Beurteilung erleichtern, "ob überhaupt eine Beschaffenheitsvereinbarung vorliegt, sondern insbesondere die Abgrenzung zwischen einer zulässigen Beschaffenheitsvereinbarung und einer unzulässigen Beschränkung der Käuferrechte (…)" klarstellen.
Beachte
Infolge von § 475 Abs. 3 Satz 2 BGB bleibt § 442 BGB beim Verbrauchsgüterkauf künftig unanwendbar, womit "die Kenntnis oder auch die (grob) fahrlässige Unkenntnis (…) künftig die Mängelrechte des Verbrauchers nicht aus(schließen)".