Rz. 56
In § 475 Abs. 3 BGB ist die Aufzählung der nicht auf den Verbrauchsgüterkauf anzuwendenden Vorschriften um § 442 BGB (Ausschluss der Mängelrechte, wenn der Käufer bei Vertragsschluss den Mangel kennt) ergänzt worden. Die Neuregelung ersetzt den in Art. 2 Abs. 3 VerbrGKRL vorgesehenen Haftungsausschluss bei Kenntnis. Das Vorliegen einer Vertragswidrigkeit nach Art. 7 Abs. 5 WKRL wird nämlich nicht bereits schon bei bloßer Kenntnis des Mangels durch den Verbraucher, sondern erst nach Maßgabe der zusätzlichen, in § 476 Abs. 1 Satz 2 BGB genannten Voraussetzungen ausgeschlossen.
Rz. 57
Entfallen ist der Verweis auf den beschränkten Aufwendungsersatz (§ 475 Abs. 4 Satz 2 BGB alt).
Rz. 58
§ 442 BGB bleibt im allgemeinen Kaufrecht anwendbar und wird nur für den Verbrauchsgüterkauf ausgeschlossen. Der in Art. 7 Abs. 5 WKRL vorgesehene Haftungsausschluss durch besondere Vereinbarung hat der Gesetzgeber in § 476 Abs. 2 BGB nur für den Verbrauchsgüterkauf umgesetzt.
Rz. 59
Die Regelungen des § 475 Abs. 4 und 5 BGB alt (die 2018 Eingang in das BGB fanden) – die der Umsetzung der Weber/Putz-Entscheidung des EuGH dienten (worin der BGH den Nacherfüllungsverweigerungsgrund der absoluten Unverhältnismäßigkeit nach § 439 Abs. 4 Satz 3 Halbs. 2 a.E. BGB alt nach den Vorgaben der VerbrGKRL in Auslegung durch den EuGH teleologisch auf Fälle außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs reduzierte, siehe dazu Rdn 28) und die es dem Verkäufer verwehrten, sowohl Nachbesserung als auch Nachlieferung unter Berufung auf unverhältnismäßige Kosten zu verweigern (relatives Leistungsverweigerungsrecht des Verkäufers, mit Ausnahme der Einbaukosten bei andersartiger Kompensation) – sind jetzt wegen Nichtübereinstimmung mit der WKRL (nach nur vier Jahren) im BGB wieder gestrichen worden: "Art. 13 III WKRL lässt nunmehr (…) auch ein "Totalverweigerungsrecht" zu".
Rz. 60
Der Vorschussanspruch (§ 475 Abs. 6 BGB alt) rückt unverändert als § 475 Abs. 4 BGB neu auf.
Rz. 61
Nach § 475 Abs. 5 BGB (Zeitraum und Art der Nacherfüllung) hat der Unternehmer in Umsetzung von Art. 14 Abs. 1 WKRL (Nachbesserung der Waren oder Ersatzlieferung) die Nacherfüllung innerhalb einer angemessenen Frist ab dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher ihn über den Mangel unterrichtet hat, und ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher durchzuführen. Dabei ist die Art der Sache sowie der Zweck, für den der Verbraucher die Sache benötigt, zu berücksichtigen. Im Falle einer zwar rechtzeitigen, aber mit erheblichen Unannehmlichkeiten für den Verbraucher erfolgten Nacherfüllung hat der Verbraucher kein Recht zur Minderung oder zum Rücktritt, jedoch bleibt ein Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung der Verpflichtung nach § 475 Abs. 1 Satz 1 BGB möglich.
Rz. 62
Außerhalb von Verbrauchsgüterkaufverträgen ergeben sich die Grenzen der Nacherfüllung aus § 323 Abs. 1 und § 440 BGB.
Rz. 63
Im Fall des Rücktritts wegen eines Mangels der Sache ist nach § 475 Abs. 6 Satz 1 BGB in Umsetzung von Art. 16 Abs. 3 Buchst. b WKRL (Mindestanforderungen für die Rückabwicklung des Kaufvertrags nach Vertragsbeendigung wegen eines Mangels der Kaufsache) die Regelung des § 346 BGB mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Unternehmer die Kosten der Rückgabe der mangelhaften Kaufsache trägt.
Rz. 64
Gemäß § 475 Abs. 6 Satz 2 BGB (entsprechend Art. 16 Abs. 3 WKRL) ist § 348 BGB, d.h. die Verpflichtung des Unternehmers dem Verbraucher den gezahlten Kaufpreis zu erstatten, mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Nachweis des Verbrauchers über die Rücksendung (z.B. durch Vorlage eines Einlieferungsbelegs der Post oder eines anderen Transportunternehmers) der Rückgewähr der Sache gleichsteht (Erleichterung für Verbraucher). Das heißt, der Verbraucher kann die Einrede des Verkäufers gegenüber dem (Rück-) Zahlungsanspruch des Verbrauchers, die ersterer im Hinblick auf eine noch nicht erbrachte Rückgabe (§§ 348, 320, ggf. i.V.m. § 281 Abs. 5 BGB) erheben könnte, bereits durch den Nachweis der unternommenen Rücksendung "aushebeln".