Rz. 29
Nach § 439 Abs. 3 BGB, dessen zweiter Satz gestrichen wurde (zur modifizierten Anwendung des § 442 Abs. 1 BGB, da Art. 14 Abs. 3 WKRL keine Beschränkung der Käuferrechte vorsieht, wenn diesem der Mangel vor dem Einbau unbekannt geblieben ist, kein Ausschluss des Aufwendungsersatzanspruchs bei grob fahrlässiger Unkenntnis), ist der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung, wenn der Käufer die mangelhafte Sache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck
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in eine andere Sache eingebaut (installiert) oder |
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an eine andere Sache angebracht (montiert) hat, |
"bevor der Mangel (d.h. die Vertragswidrigkeit) offenbar wurde", verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen (Kostenübernahmeverpflichtung des Verkäufers).
Rz. 30
Die Kenntnis des Mangels folgt damit direkt aus § 439 Abs. 3 BGB: "Der Käufer hat unmittelbar einen Anspruch gegen den Verkäufer auf Ersatz der Aus- und Einbaukosten, ohne dass der Verkäufer (oder dessen Lieferanten) Gelegenheit bekommen, den Aus- und Einbau in Natur vorzunehmen".
Rz. 31
Nach Lorenz soll für das bislang weder im BGB noch jetzt in der WKRL Erwähnung findende neue Tatbestandsmerkmal "offenbar wurde" – anders als der RegE, der es mit positiver Kenntnis gleichsetzen will – i.S.e. objektivierten Sichtweise (ähnlich § 377 HGB) maßgeblich sein, "ob sich die Vertragswidrigkeit einem Durchschnittskäufer nachgerade aufdrängen muss, was wiederum sachlich mit dem bislang maßgeblichen Kriterium der groben Fahrlässigkeit in § 442 Abs. 1 BGB übereinstimmen dürfte".
Rz. 32
Die Regelung dient – wie bisher – der Umsetzung der Vorgaben des EuGH aus der Weber/Putz-Entscheidung (im Hinblick auf die Erfordernisse eines gutgläubigen Einbaus), wonach der Verkäufer einer beweglichen Sache im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet sein kann, die bereits in eine andere Sache eingebaute mangelhafte Kaufsache auszubauen und die Ersatzsache neu einzubauen oder die Kosten für beides zu tragen.
Art. 14 Abs. 3 WKRL hält an dieser Beurteilung zwar fest, fordert aber Anpassungen im Detail.
Rz. 33
Die Vorgabe des EuGH für einen Ersatz der Ein- und Ausbaukosten, dass der Verkäufer die Sache gutgläubig eingebaut hat (umgesetzt in § 439 Abs. 3 Satz 2 BGB alt) bedarf aufgrund von Art. 14 Abs. 3 WKRL, der zur Voraussetzung hat, dass die Sache "bevor die Vertragswidrigkeit offenbar wurde" montiert oder installiert wurde, nur einer entsprechenden Anpassung im Detail.
Rz. 34
Die Pflicht des Verkäufers zur Nacherfüllung umfasst nach Art. 14 Abs. 3 WKRL die Durchführung des Aus- und Einbaus in Selbstvornahme oder (alternativ) die Übernahme der entsprechenden Kosten, ohne dass die WKRL bestimmt, wer die Auswahl zwischen den beiden Rechtsbehelfen treffen darf. Die Entscheidung darüber hat auch der EuGH dem nationalen Gesetzgeber überlassen. Mit dem Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts, zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung usw. vom 28.4.2017 wurde (zwecks Vermeidung von Konkurrenzen von Hauptleistungspflichten aus einem Werkvertrag einerseits und Gewährleistungsrechten aus einem Kaufvertrag andererseits) dem Käufer in § 439 Abs. 3 BGB alt ein unmittelbarer Anspruch auf Ersatz der Aus- und Einbaukosten zugebilligt, ohne dem Verkäufer bzw. dessen Lieferanten aber die Gelegenheit einzuräumen, den Aus- und Einbau in natura vorzunehmen. Daran hält der Gesetzgeber in Umsetzung der WKRL fest.
Rz. 35
Beim Einbau einer mangelhaften Sache hat der Käufer somit nach § 439 Abs. 3 BGB nur dann einen Anspruch gegen den Verkäufer auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für den Ausbau der mangelhaften und den Einbau einer mangelfreien Sache, wenn er den Einbau vornimmt, bevor der Mangel "offenbar" wird.
Rz. 36
Wilke weist darauf hin, dass, soweit nach der Neufassung grob fahrlässige Mangelunkenntnis dem Käufer in entsprechenden Konstellationen nicht mehr schadet (da § 439 Abs. 3 Satz 2 sich auch auf § 442 Abs. 1 Satz 2 BGB bezieht), eine überschießende Umsetzung der WKRL erfolgt ist, die allein auf "rechtstechnische(n) Überlegungen im Zusammenhang mit § 475 Abs. 3 BGB" (siehe nachstehende Rdn 42) beruht.