Rz. 45
Die oben bereits ermittelten 414,50 EUR Kindesunterhalt (also der Zahlbetrag, nicht der Tabellenbetrag) sind vom Einkommen des M abzuziehen.
Hinweis
Der Vorwegabzug erfolgt jedoch nur bezüglich des Kindesunterhalts, der die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hat, nicht bezüglich des Unterhalts für etwaige Kinder aus zweiter Ehe (vgl. hierzu Fälle 41, 42 und 43). Soweit ein Vorwegabzug von nicht prägendem Kindesunterhaltunter bleibt, wirkt dies zwar für die erste Ehefrau bedarfserhöhend, es ändert jedoch nichts daran, dass der Kindesunterhalt vorrangig ist, wenn sich im Weiteren herausstellt, dass die finanziellen Mittel nicht dafür ausreichen, alle Unterhaltspflichten zu erfüllen.
Der Vorwegabzug hat sogar in den Fällen zu erfolgen, in denen der Vorwegabzug erst zu einer Einkommensdifferenz führt, die dann einen Anspruch auf Ehegattenunterhalt begründet.
BGH, Beschl. v. 11.11.2015 – XII ZB 7/15 Tz. 15 f.
Ob ein Vorwegabzug des Kindesunterhalts auch für den Fall durchzuführen ist, dass der für die Kinder barunterhaltspflichtige Ehegatte erst infolge des Abzugs über ein geringeres Einkommen verfügt und er demzufolge gegenüber seinem Ehegatten unterhaltsberechtigt wird, ist in Rechtsprechung und Literatur mit der Erwägung in Zweifel gezogen worden, dass der betreuende Ehegatte dadurch indirekt zum Barunterhalt für die Kinder beitragen müsse …
Diese Bedenken teilt der Senat nicht. Die Berücksichtigung des Barunterhalts für minderjährige Kinder bei der Bestimmung des Bedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen hängt nicht davon ab, ob die Kinder vom Unterhaltsberechtigten oder vom Unterhaltspflichtigen betreut werden.
Abzuziehen ist nur der Zahlbetrag, nicht der Tabellenbetrag.
BGH, Urt. v. 27.5.2009 – XII ZR 78/08
Beim Vorwegabzug des Kindesunterhalts vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen ist der Zahlbetrag, nicht der Tabellenbetrag heranzuziehen.
BGH, Urt. v.17.3.2010 – XII 204/08 Rn 15
Der Senat hat […] entschieden, dass sowohl bei der Bedarfsermittlung für den Ehegattenunterhalt gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB als auch bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners für den Ehegattenunterhalt nicht mehr der so genannte Tabellenbetrag, sondern lediglich der tatsächliche Zahlbetrag des Unterhalts minderjähriger Kinder vom Einkommen abzusetzen ist (Urteile vom 27.5.2009 – XII ZR 78/08, FamRZ 2009, 1300 Tz. 46 ff. und vom 24.6.2009 – XII ZR 161/08, FamRZ 2009, 1477 Tz. 22 ff.; vgl. auch Urt. v. 5.3.2008 – XII ZR 22/06, FamRZ 2008, 963 Tz. 36). An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch unter Berücksichtigung der in der Literatur geäußerten Bedenken (Schürmann, FamRZ 2009, 1306, 1307 f., Graba, FF 2009, 453 und Spangenberg, FamRZ 2010, 255 f.) fest. Denn mit den in der Kritik genannten Argumenten hat sich der Senat in den zitierten Entscheidungen bereits unter Hinweis auf den ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers befasst.
Nach Vorwegabzug des Kindesunterhalts vom Einkommen des M verbleiben 2.585,50 EUR (3.000 – 414,50 EUR). Diese 2.585,50 EUR sind für den Ehegattenunterhalt maßgebend.
Hinweis
Der eben ermittelte Betrag ist für die Ermittlung des Bedarfs von F grds. unbedeutend, wenn ihr Bedarf nicht nach dem Halbteilungsgrundsatz zu ermitteln ist, sondern wenn lediglich auf den angemessenen Bedarf abzustellen ist (zur Begrenzung des Unterhalts auf den angemessenen Bedarf vgl. Fälle 58 bis 62, § 20 Rdn 1 ff.). Denn der angemessene Bedarf beurteilt sich nicht nach den ehelichen Lebensverhältnissen und damit auch nicht nach dem Einkommen des M, sondern danach, wie F ohne Ehe und Kindererziehung stünde. Im Fallbeispiel wird davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für eine Begrenzung auf den angemessenen Bedarf nicht vorliegen.
Rz. 46
Es gilt der Halbteilungsgrundsatz.
Bereinigtes Nettoeinkommen des M nach Vorabzug Kindesunterhalt 2.585,50 EUR
Erwerbstätigenbonus des M: 2.585.50 × 10 % = 258,50 EUR
Bedarfsbestimmendes Einkommen des M: 2.585,50 – 258,50 EUR = 2.327 EUR
F hat kein Einkommen
Bedarf der F (Halbteilung) = ½ aus 2.327 (2.327 + 0 EUR) = 1.163,50 EUR