Rz. 87
F verlangt von ihrem Ehemann M – nach erfolgter Scheidung bzw. im Rahmen des Scheidungsverfahrens – nachehelichen Unterhalt und Kindesunterhalt für die gemeinsamen Kinder K1, das 7 Jahre alt ist, und K2, das 3 Jahre alt ist. Beide Kinder werden von F betreut. M hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von monatlich 2.100 EUR. F hat kein Einkommen. Wegen der Betreuung der Kinder ist sie nicht berufstätig.
I. Kindesunterhalt
Rz. 88
Der Bedarf von Kindern richtet sich nach der Düsseldorfer Tabelle (DT). Bezüglich der Einzelheiten wird auf Fall 1 (siehe § 1 Rdn 1 ff.) verwiesen.
Rz. 89
M hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von 2.100 EUR. Es kommt deshalb grundsätzlich die Einkommensgruppe 2 (1.901 – 2.300 EUR) zur Anwendung. Es sind jedoch 3 Unterhaltsberechtigte vorhanden. Die DT geht von 2 Unterhaltsberechtigten aus. Eine Herabstufung um eine Einkommensgruppe ist deshalb geboten. Der Unterhalt bestimmt sich nach Einkommensgruppe 1.
Rz. 90
Kind K1 ist 7 Jahre alt, es fällt also in die Altersstufe 2. Sein Bedarf beträgt damit grundsätzlich 455 EUR. Das halbe Kindergeld (109,50 EUR) ist bedarfsdeckend anzurechnen. Der Unterhalt für K1 beträgt somit 345,50 EUR (455 – 109,50 EUR).
Rz. 91
Kind K2 ist 3 Jahre alt, es fällt also in die Altersstufe 1. Sein Bedarf beträgt damit grundsätzlich 396 EUR. Das halbe Kindergeld (109,50 EUR) ist bedarfsdeckend anzurechnen. Der Unterhalt für K1 beträgt somit 286,50 EUR (396 – 109,50 EUR).
II. Ehegattenunterhalt
1. Anspruchsgrundlage
Rz. 92
Im Fallbeispiel wird ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt (vgl. hierzu Fall 19, siehe Rdn 1 ff.) angenommen.
2. Bedarf
Rz. 93
Der eben bestimmte Kindesunterhalt (nicht Tabellenbetrag) ist nunmehr vom Einkommen des M abzuziehen:
2.100 (Einkommen M) – 345,59 – 286,50 (Zahlbeträge Kindesunterhalt) = 1.468 EUR
Rz. 94
Diese 1.468 EUR fließen in die Berechnung des Ehegattenunterhalts ein:
Halbteilungsgrundsatz:
Erwerbstätigenbonus: 1.468 EUR × 10 % = 147 EUR
Bedarfsbestimmendes Einkommen: 1.468 – 147 EUR = 1.321 EUR
½ von 1.321 EUR = 660,50 EUR
Rz. 95
Der Mindestbedarf beträgt 960 EUR.
3. Leistungsfähigkeit
Rz. 96
Unterhaltspflichten dürfen nicht dazu führen, dass der Unterhaltsverpflichtete selbst auf Leistungen Dritter angewiesen wäre. Deshalb muss dem Unterhaltsverpflichteten stets ein gewisser Mindestanteil (Selbstbehalt) von seinem Einkommen verbleiben.
Rz. 97
Der Ehegattenmindestselbstbehalt des M gegenüber der Ehefrau von 1.280 EUR wäre nicht gewahrt. Ihm verblieben nach Abzug von Kindes- und Ehegattenunterhalt nur 807,50 bzw. 508 EUR (2.100 – 345,50 – 286,50 – 660,50/960 EUR).
Rz. 98
Der Kindesunterhalt ist vorrangig (vgl. Fall 20, siehe Rdn 68).
Rz. 99
Das Resteinkommen des M beträgt nach Abzug des Kindesunterhalts 1.468 EUR (2.100 – 345,50 – 286,50 EUR). Verteilbar sind nach Abzug des Selbstbehalts nur noch 180 EUR (1.468 – 1.280 EUR).
Rz. 100
Für die Ehefrau stehen deshalb nur 188 EUR zur Verfügung.
III. Zahlungspflichten
Rz. 101
M hat folgenden Unterhalt zu leisten: für K1 345,50 EUR, für K2 286,50 EUR und für F 188 EUR.
IV. Hinweis
Rz. 102
Nachdem die Kinder bereits älter als 3 Jahre sind, besteht beim Geschiedenenunterhalt – beim Trennungsunterhalt nach längerer Trennung – grds. eine Erwerbsobliegenheit der F (vgl. hierzu Fall 15, siehe § 3 Rdn 1 ff.).
Rz. 103
Geht man insoweit z.B. davon aus, dass die F infolge Schulbesuchs des einen Kindes und Kindergartenbesuchs des anderen Kindes monatlich 450 EUR verdienen kann bzw. könnte, so ergibt sich folgende Berechnung des Ehegattenunterhalts.
Rz. 104
Bedarfsbestimmendes Einkommen des M wie oben bereits errechnet: 1.321 EUR.
Bereinigtes Nettoeinkommen der F: 450 EUR
Erwerbstätigenbonus der F: 450 EUR × 10 % = 45 EUR
Bedarfsbestimmendes Einkommen der F = 405 EUR (450 – 45 EUR)
Halbteilungsgrundsatz
Bedarf der F = ½ aus 1.726 (1.321 + 405 EUR) = 863 EUR
Unterhaltsanspruch der F = Restbedarf = Bedarf abzüglich des um den Erwerbstätigenbonus gekürzten Eigeneinkommens = 863 – 405 = 458 EUR
Legt man den Mindestbedarf von 960 EUR zugrunde, so benötigt F, die ein Eigeneinkommen von 450 EUR hat, 510 EUR.
Rz. 105
Wegen der oben bereits festgestellten begrenzten Leistungsfähigkeit des M entfallen aber auf F ohnehin maximal 188 EUR. Das geringfügige Einkommen ändert also am Ergebnis nichts. Da im Fallbeispiel der Kindesunterhalt bereits der untersten Einkommensgruppe, der Einkommensgruppe 1 der DT (Mindestunterhalt), entnommen wurde, kommt anders als im Fall 20, § 4 Rdn 63 eine Herabstufung des Kindesunterhalts nicht in Betracht.