1. Anspruchsgrundlage
Rz. 59
Im Fallbeispiel wird ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt (vgl. hierzu Fall 19, siehe § 4 Rdn 1 ff.) angenommen.
2. Bedarf
Rz. 60
Wegen Vorwegabzug des Kindesunterhalts sind 368,50 EUR (der Zahlbetrag, nicht der Tabellenbetrag) vom Einkommen des M abzuziehen.
BGH, Urt. v. 27.5.2009 – XII ZR 78/08
Bei der Bemessung des Ehegattenunterhalts ist nur der nach bedarfsdeckender Anrechnung des Kindergelds verbleibende Unterhaltsanspruch, also der Zahlbetrag, vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen abzuziehen ist. Denn nur insoweit wird das für den Ehegattenunterhalt verfügbare Einkommen des Unterhaltspflichtigen geschmälert.
Im Fallbeispiel ergibt sich:
2.000 EUR – 368,50 EUR = 1.631,50 EUR
Diese 1.631,50 EUR sind für den Ehegattenunterhalt maßgebend.
Hinweise
1. |
Der Vorwegabzug erfolgt jedoch nur bezüglich des Kindesunterhalts, der die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hat, nicht bezüglich des Unterhalts für Kinder aus zweiter Ehe (vgl. hierzu Fall 41 Rdn 6 ff.). Soweit ein Vorwegabzug von nicht prägendem Kindesunterhalt unterbleibt, wirkt dies zwar für die erste Ehefrau bedarfserhöhend, es ändert jedoch nichts daran, dass der Kindesunterhalt vorrangig ist, wenn sich im Weiteren herausstellt, dass die finanziellen Mittel nicht dafür ausreichen, alle Unterhaltspflichten zu erfüllen. |
2. |
Der Vorwegabzug erfolgt selbst dann, wenn dies dazu führt, dass der Kindesunterhaltspflichtige danach weniger hat als der betreuende Elternteil und dadurch einen Anspruch auf Ehegattenunterhalt erlangt (BGH, Beschl. v. 11.11.2015 – XII ZB 7/15 Rn 16). |
Rz. 61
Es gilt der Halbteilungsgrundsatz. Zunächst ist jedoch – als Erwerbsanreiz – vom Einkommen aus Erwerbstätigkeit der 10 %ige Erwerbstätigenbonus (vgl. hierzu Fall 15, siehe § 3 Rdn 1 ff.) abzuziehen.
Hinweis
Der Erwerbstätigenbonus hat nur Bedeutung für die Berechnung des bedarfsbestimmenden Einkommens, also letztlich für die Berechnung des Bedarfs der Ehegatten. Er hat keine Bedeutung für den Selbstbehalt, also die Leistungsfähigkeit.
Beispiel:
Hat M ein Einkommen von 1.400 EUR, so beträgt das bedarfsbestimmende Einkommen 1.260 EUR (1.400 – 140 EUR). Gleichwohl ist M in Höhe von 120 EUR leistungsfähig, da er ein Einkommen von 1.400 EUR hat und sein Selbstbehalt gegenüber dem Ehegatten 1.280 EUR beträgt.
SüdL
Ehegattenunterhalt
15. Unterhaltsbedarf
15.1 […]
15.2 Es gilt der Halbteilungsgrundsatz, wobei jedoch Erwerbseinkünfte nur zu 90 % zu berücksichtigen sind (Abzug von 1/10 Erwerbstätigenbonus vom bereinigten Nettoeinkommen bei der Bedarfsermittlung, nicht bei der Ermittlung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners).
[…]
Vgl. auch Nr. 15.2 der im Einzelfall anzuwendenden Leitlinien
Im Fallbeispiel bedeutet dies:
Erwerbstätigenbonus des M: 1.631,50 EUR × 10 % = 163 EUR
Bedarfsbestimmendes Einkommen des M: 1.631,50 – 163 EUR = 1.468,50 EUR
Bedarf der F = ½ aus 1.468,50 = 734 EUR
Rz. 62
Der Mindestbedarf von F von 960 EUR ist nicht gewahrt.
BGH, Urt. v. 16.12.2009 – XII ZR 50/08
Die Gründe, die im Rahmen des Betreuungsunterhalts für einen am Existenzminimum orientierten Mindestbedarf sprechen, gelten in gleicher Weise auch für den gesamten Ehegattenunterhalt. Auch insoweit kann der Bedarf das Existenzminimum nicht unterschreiten. Soweit der Senat darauf abgestellt hat, dass ein pauschalierter Mindestbedarf den nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu bemessenden individuellen Bedarf nicht übersteigen dürfe (BGH Urt. v. 16.4.1997 – XII ZR 233/95, FamRZ 1997, 806), ist zu berücksichtigen, dass die Ehegatten auch in ihrer Ehezeit jedenfalls einen Mindestlebensstandard in Höhe des Existenzminimums hatten.
Rz. 63
Eine Herabstufung beim Kindesunterhalt in die Einkommensgruppe 1 ist deshalb geboten.
BGH, Beschl. v. 11.11.2015 – XII ZB 7/15 Rn 14
Dadurch ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass der Bedarf für den Kindesunterhalt im Rahmen einer Angemessenheitsbetrachtung mit Rücksicht auf weitere Unterhaltspflichten etwa durch Herabstufung innerhalb der Düsseldorfer Tabelle zu korrigieren ist (Senatsurteile BGHZ 178, 79 = FamRZ 2008, 2189 Rn 20; BGHZ 175, 182 = FamRZ 2008, 968 Rn 48). Schließlich ist ein Vorwegabzug des Kindesunterhalts bei der Bedarfsbemessung im Ergebnis dadurch begrenzt, dass der Mindestbedarf des unterhaltsberechtigten Ehegatten nicht unterschritten werden darf (vgl. Senatsurteile BGHZ 192, 45 = FamRZ 2012, 281 Rn 29; vom 17.2.2010 – XII ZR 140/08, FamRZ 2010, 629 Rn 32 f. und vom 16.1.2013 – XII ZR 39/10, FamRZ 2013, 534 Rn 26).
Rz. 64
Der Unterhalt (Zahlbetrag) für K beträgt in Einkommensgruppe 1 nur 345,50 EUR. M bleiben nach Vorabzug dieses Kindesunterhalt 1.654,50 EUR (2.000 – 345,50 EUR).
Erwerbstätigenbonus des M: 1.654,50 EUR × 10 % = 165 EUR
Bedarfsbestimmendes Einkommen des M: 1.654,50 – 165 EUR = 1.489 EUR
Bedarf der F = ½ aus 1.489 = 745 EUR
Rz. 65
Der Mindestbedarf der F ist weiterhin unterschritten.
Der Kindesunterhalt ist jedoch bereits auf den Mindestunterhalt herabgesetzt.
Der Ansatz des Mindestbedarfs für F erübrigt sich im Weiteren, da M insoweit ohnehin nicht leistu...