Dr. Jörg Kraemer, Frank-Michael Goebel
Rz. 16
Die Verpflichtung des Schuldners zur Abgabe der Vermögensauskunft besteht auch im Rahmen der Sicherungsvollstreckung nach § 720a ZPO. Nachdem § 802a Abs. 2 Nr. 2 ZPO keine vorherige fruchtlose Zwangsvollstreckung mehr verlangt, ist dies unmittelbar nach Erlass des Titels und dem Abwarten einer angemessenen Zahlungsfrist möglich. Die Abgabe der Vermögensauskunft dient insoweit nämlich auch der Vorbereitung einer Sicherungsvollstreckung im Sinne des § 720a ZPO. Diese früher streitige Frage, inwieweit die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung auch bei der Sicherungsvollstreckung zu erfolgen hat, hat der BGH schon für das alte Recht endgültig und eindeutig geklärt.
Rz. 17
Der BGH hat sich damit der schon früher überwiegenden Auffassung angeschlossen, d.h. der Gläubiger kann im Rahmen der Sicherungsvollstreckung gemäß § 720a ZPO von dem Schuldner die Abgabe der Vermögensauskunft verlangen, ohne selbst Sicherheit leisten zu müssen. Das folgt für ihn aus Sinn und Zweck der Vorschrift, die dem Gläubiger den Zugriff auf das Schuldnervermögen im Wege der Sicherungsvollstreckung eröffnet. Dem Gläubiger soll eine dem Arrest vergleichbare Sicherung verschafft werden, indem er auch vor einer Schmälerung der Haftungsmasse durch den Schuldner geschützt wird. Dieser Zweck ist aber nur dann sicher zu erreichen, wenn der Schuldner auch im Rahmen der Sicherungsvollstreckung nach § 720a ZPO die Vermögensauskunft abgeben muss. Denn nur auf diesem Wege kann der Gläubiger zuverlässig ermitteln, ob der Schuldner Vermögen besitzt, auf das er im Wege der Sicherungsvollstreckung zugreifen kann. Die Abgabe der Vermögensauskunft ist eine zweckgerichtete Maßnahme zur Vorbereitung zulässiger, hier auf Sicherung beschränkter, Vollstreckungszugriffe.
Rz. 18
Hinweis
Aus vergleichbaren Erwägungen ist allgemein anerkannt, dass der dingliche Arrest ein zur Herbeiführung der Offenbarungsversicherung genügender Titel ist. Nichts anderes kann für die Abnahme der Vermögensauskunft gelten.
Rz. 19
Den Eintritt eventueller Nachteile kann der Schuldner dadurch abwenden,
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dass er Schutzanträge nach §§ 712, 714 ZPO stellt, |
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dass er von der Abwendungsbefugnis gemäß § 720a Abs. 3 ZPO Gebrauch macht, |
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und im Übrigen bei einer entsprechenden Sachlage ggf. auch darlegt, dass das Verlangen des Gläubigers nach Abnahme der Vermögensauskunft rechtsmissbräuchlich sei, weil dieser bereits in anderer Weise hinreichend gesichert sei. |
Rz. 20
Für einen weiter gehenden Schuldnerschutz besteht keine Notwendigkeit. Dies hat auch der BGH anerkannt.
Rz. 21
Tipp
Der Gläubiger kann die sich damit eröffnenden Möglichkeiten nutzen:
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Mit der frühzeitigen Abnahme der Vermögensauskunft sichert er sich frühzeitig Zugriffsoptionen und kann sich so auch Rangvorteile gegenüber konkurrierenden Gläubigern verschaffen, ohne eigenes Kapital für die Sicherheitsleistung einsetzen zu müssen. |
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Durch das frühzeitige Verfahren auf Abnahme der Vermögensauskunft vermeidet der Gläubiger die Gefahr, dass der Schuldner noch Vermögen beiseiteschafft, jedenfalls muss der Schuldner solche Vermögensverschiebungen strafbewehrt offenbaren. |
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Will der Schuldner die Abnahme der Vermögensauskunft vermeiden, muss er seinerseits Sicherheit leisten. Der Gläubiger zwingt den Schuldner also zur Reaktion. Auf die Sicherheitsleistung kann dann zugegriffen werden. |
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Der Gläubiger sichert so zugleich die zeitnahe Kenntnisnahme von nach §§ 3 ff. AnfG anfechtbaren Rechtshandlungen, bevor die Anfechtungsfristen verstrichen sind. |
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Im noch laufenden Erkenntnisverfahren wird ein gewisser Druck ausgeübt, der Verfahrensverzögerungen des Schuldners zu vermeiden hilft. |
Rz. 22
Vor diesem Hintergrund sollte der Gläubiger nicht darauf verzichten, die Möglichkeiten einer frühzeitigen Sicherungsvollstreckung zu nutzen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Schuldner zuvor alle Möglichkeiten genutzt hat, das Verfahren zu verzögern. Gerade in dieser zeitlichen Phase nach der Titulierung des Anspruchs wird dem Schuldner seine Lage deutlich, sodass die Versuchung am größten ist, noch Vermögen zu verschleiern bzw. wegzugeben.
Rz. 23
Tipp
Als besondere nachfolgende Maßnahme der Sicherungsvollstreckung kommt dann die Vorpfändung nach § 845 ZPO in Verbindung mit einer sich daran anschließenden Pfändung (nicht Überweisung!) des Arbeitseinkommens oder der Ansprüche aus einer Kontoverbindung in Betracht. Der Druck auf den Schuldner, nun das Verfahren nachhaltig zu betreiben, die berechtigte Forderung auszugleichen oder sich gegenüber einer wirtschaftlich vernünftigen Teilzahlungsvereinbarung zu öffnen, wächst dann erheblich.